AHV: «Je länger wir mit Reformen warten, desto teurer müssen wir uns diese Massnahmen dann erkaufen»
Besten Dank für das Wort. Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete.
Im Namen der VU-Landtagsfraktion bringe ich hiermit folgende Fraktionserklärung vor:
Die Fraktion der Vaterländischen Union hat das Thema AHV in den letzten Monaten und Wochen intensiv diskutiert. Die Vaterländische Union hat dazu auch eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die mögliche Massnahmen ausgearbeitet hat, wie wir die AHV auf Dauer auf Kurs halten können. Kurzum, die VU hat ihre Hausaufgaben gemacht und wird auch immer Hand bieten für gute Lösungen im Sinne der Zukunftssicherung.
In diesem Zusammenhang hat uns der Bericht und Antrag der Regierung etwas irritiert: Seit zwei Jahren ist die langfristige Sicherung der AHV in aller Munde, weil ein Gutachten zum Schluss kam, dass Massnahmen dringend nötig sind. Nun sollen aufgrund eines erneuten Gutachtens plötzlich doch keine Massnahmen ergriffen werden müssen? Wir sind überzeugt, dass die Frage der langfristigen Sicherung unserer zentralen Säule der Altersvorsorge nicht von Momentaufnahmen irgendwelcher Gutachter abhängen darf.
Richtig ist, dass wir mit dem aktuellen Mechanismus gesetzliche Grundlagen dafür gelegt haben, um die Regierung unter gewissen Umständen zu Massnahmen zu verpflichten. Doch wie verlässlich ist dieses Vorgehen, wenn man – je nach Börsenlage – nahezu jährlich zu neuen Schlüssen kommt?
Es ist grundsätzlich erfreulich, dass die AHV aktuell gerade gut dasteht. Genau diesen Umstand müssen wir nun nützen, um nachhaltige Reformen für unser wichtigstes Sozialwerk anzustossen, damit wir eben nicht – wie auch im Bericht und Antrag dargelegt – nach 20 Jahren mit einer weiteren starken Abnahme der Reserven rechnen müssen. Je länger wir mit Reformen warten, desto teurer müssen wir uns diese Massnahmen dann erkaufen. Wollen wir diese Reformen immer weiter in die Zukunft verschieben, damit es dann die nächste Generation trifft? Die VU-Fraktion ist klar der Ansicht, dass wir heute in der Lage sind, für die nächste Generation günstige Voraussetzungen zu schaffen.
In einem Beitrag auf der Klar.-Seite vom 23. Januar 2021, also zwei Wochen vor den Landtagswahlen, bringt es der Präsident der Seniorenunion, Johann Ott, auf den Punkt:
Zitat: «Die VU will analysieren und zu Lösungen finden. Sie hat dazu im Wahlprogramm die Bereitschaft für Anpassungen aufgenommen, damit die Vorsorge und finanzielle Absicherung der Menschen in Liechtenstein auf einer langfristig tragfähigen Grundlage stehen und allfällige Versorgungslücken geschlossen werden». Dazu gehört auch eine Altersstrategie. Nein, es ist sicher nicht vorgesehen «vier Jahre lang Strategien aufzusetzen». Dennoch braucht die Alterspolitik jetzt eine klare Strategie, damit konsequent koordiniertes und effizientes Vorgehen erreicht wird, um den Herausforderungen der bevorstehenden demografischen Entwicklung gerecht zu werden.» Zitat Ende.
Zu dieser Forderung einer Altersstrategie steht die Vaterländische Union nach wie vor. Das Gesellschaftsministerium ist in der Hand der FBP. Die VU-Fraktion möchte an dieser Stelle zum Ausdruck bringen, dass sie bereit ist, dem Gesellschaftsminister Hand zu bieten, um nachhaltige Reformen in diesem Bereich anzustossen. Ziel muss es sein, die Löcher, die sich abzeichnen, bereits heute zu stopfen. Das betrifft nicht nur die AHV, sondern auch die Pensionskassen, also die zweite Säule, die private Vorsorge aber auch die Themenbereiche «Pflegefinanzierung» und «Schliessung von Vorsorgelücken», wie sie die VU schon seit vielen Jahren fordert. Über kurz oder lang führt der Weg unseres Erachtens aber nicht an einer Altersstrategie vorbei. Wie die Junge FBP in ihrem Beitrag auf der «Blickwinkel»-Seite vom vergangenen Donnerstag schreibt, gehört zu einer nachhaltigen Altersstrategie auch die zweite Säule. Auch diese benötigt Reformen.
In den letzten Jahren hat die VU immer wieder gefordert, dass seitens des Gesellschaftsministeriums eine Auslegeordnung in Form von einem dritten Armutsbericht zugänglich gemacht wird. Aufbauend auf dieser Auslegeordnung können wir dann zielgerichtet Lösungen in Angriff nehmen. Nur so lässt es sich unserer Ansicht nach bewerkstelligen, nachhaltig garantieren zu können, dass jeder, der sich ein Leben lang im Beruf und für die Familie oder die Pflege anderer Menschen eingesetzt hat, ein gutes Leben im Alter führen kann.
Für dieses Bestreben brauchen wir verlässliche, belastbare Zahlen. Wir halten es nicht für zielgerichtet, eine «Pflästerlipolitik» zu betreiben, um kurzfristig Vorteile für einzelne Bevölkerungsschichten herauszuschlagen, die dann wieder zulasten anderer gehen. Das soll aber nicht heissen, dass die VU-Fraktion kurzfristige Verbesserungen ablehnt. Wir könnten uns gut vorstellen, dass wir im Sinne eines Stufenplans kurz-, mittel- und langfristige Massnahmen entwickeln und diese dann umsetzen.
Am Ende dürfte es der Bevölkerung gleichgültig sein, aus welchem Topf die Absicherung im Alter kommt. Wir müssen alles gemeinsam denken, damit die Absicherung der Menschen und die Absicherung der Sozialwerke langfristig garantiert werden kann. Und je schneller das passiert, desto einfacher werden wir das bewerkstelligen können. Nicht zuletzt zugunsten der nächsten Generationen.
Wir werden deshalb diverse Anträge einbringen, die uns in dieser Frage zu einem Ziel führen können und werden. Diese Anträge werden wir Ihnen, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, zur besseren Übersicht noch schriftlich vorlegen.
Besten Dank.
In der Folge legte die VU-Fraktion den Landtagsabgeordneten folgenden Vorschlag vor.
Anträge der VU-Fraktion
Die Landtagsfraktion der Vaterländischen Union stellt den Antrag:
Aufgrund der vorstehenden Ausführungen unterbreitet die Regierung dem Landtag den Antrag, der Hohe Landtag wolle diesen Bericht zur Kenntnis nehmen
UND
unabhängig vom bestehenden Mechanismus zur langfristigen Sicherung der AHV im Rahmen einer Altersstrategie dem Hohen Landtag in einem Bericht und Antrag verschiedene Massnahmen zu unterbreiten, welche folgende Aspekte beinhalten und für erhöhte Planungssicherheit in einem sinnvollen Stufenplan umgesetzt werden können:
a) Die Anpassung der AHV-Renten unter Berücksichtigung des Lohnindexes.
b) Die Flexibilisierung des Staatsbeitrags auf eine prozentuale Beteiligung am Umlagedefizit mit einer sinnvollen Ober- und Untergrenze.
c) Die Evaluation eines auf die Lebenserwartung indexierten Rentenalters und dessen Auswirkung auf kommende Generationen, sowie die Berücksichtigung von besonderen Belastungen bestimmter Berufsgruppen bei der Festlegung des Rentenantrittsalters.
d) Die Berücksichtigung der Entwicklung der realen Einkommens- und Vermögenswerte von (künftigen) Rentnern – inkl. 2. und 3. Säule sowie die Pflege- und Betreuungsfinanzierung
e) Die Schliessung von Vorsorgelücken bei Erwerbsausfällen aufgrund von Familien- und Erziehungsarbeit (s. Motion zur Stärkung von Familien- und Erziehungsarbeit)
f) Die Entwicklung einer ertragreicheren Anlagestrategie der AHV-IV-FAK-Anstalten
g) Die Attraktivitätssteigerung von Teilzeitpensen für AHV-Rentner