AHV: Neues Führungsverständnis gefragt
Eine Stellungnahme der VU-Landtagsfraktion
«Die langfristige Sicherung der AHV ist für alle ein absolut wichtiges Anliegen. Aber so nicht.» So lässt sich die Stimmung anlässlich der 2. Lesung des AHV-Gesetzes interpretieren. Auch wenn die langfristige Sicherung der AHV noch nicht abgeschlossen ist, kann Entwarnung gegeben werden: Denn nächstes Jahr wird die Regierung noch einmal einen Vorschlag bringen müssen und gemäss AHV-Direktor Walter Kaufmann «hat der Dampfer AHV jedenfalls genug Wasser unter dem Kiel.»
Mit dem Kopf durch die Wand
Das Beispiel hat gezeigt, dass man breit abgestützte Lösungen nur zustande bringt, wenn man alle Beteiligten an einen Tisch holt und versucht, Kompromisse auszuhandeln. Diese Chance hat der Gesellschaftsminister verpasst: Er wollte auf Biegen und Brechen seine Variante, die er bereits bei der 1. Lesung vorgeschlagen hat, gegen jede Kritik durchdrücken. Pedrazzini präsentierte auf die 2. Lesung hin keinerlei Änderungen und liess damit jegliches politisches Fingerspitzengefühl vermissen. Somit hat auch und vor allem der Regierungsrat die Verantwortung dafür, dass die Vorlage im Landtag gescheitert ist. Ausserdem wurde in der Debatte angemahnt, dass die sehr optimistische Annahme des Gesellschaftsministers hinsichtlich der Beitragsentwicklung in den nächsten 20 Jahren doch sehr grosse Fragezeichen aufwirft. Aber: Kaffeesatzlesen können wir alle nicht. Wenn die FBP nun – sekundiert vom «Volksblatt» – versucht, alle, welche diese Lösung abgelehnt haben, als verantwortungslos hinzustellen, ist das ebenfalls unfair. Es ist Pedrazzini nämlich nicht einmal gelungen, auch nur eine Fraktion im Landtag dazu zu bringen, geschlossen für die Vorlage zu stimmen. Nicht einmal die eigene. So lieferte beispielsweise Wendelin Lampert (FBP) die entscheidende Gegenstimme bei der Erhöhung der AHV-Beiträge.
Lampert, der gemeinsam mit den Abgeordneten Batliner und Kaiser abermals versuchte, die abenteuerliche Lösung der FBP mit der Durchmischung von OKP-Staatsbeitrag und Finanzzuweisungen zu verkaufen, legte eine ähnliche Sturheit an den Tag wie der Gesellschaftsminister. Der «bessere Vorschlag» der FBP-Fraktion, wie ihn die drei Exponenten immer wieder bezeichneten, erntete nämlich nicht nur im Märzlandtag viel Kritik, auch der FBP-Regierungschef sowie der Gesellschaftsminister lehnten ihn dezidiert ab. Adrian Hasler antwortete auf die Frage, was er von diesem Vorschlag halte: «Rein gar nichts». War er also doch nicht so gut, wie ihn die FBP-Fraktion selbst findet?
Blendgranate: Rentenerhöhung
Wendelin Lampert hat übrigens bei keiner der vorgeschlagenen Massnahmen der Regierung oder der Freien Liste zugestimmt. Und würde es nach Kaiser und Batliner gehen, wären unter dem Strich nur Beitragserhöhungen und die damit verbundene Steigerung der Lohnnebenkosten geblieben. Als Blendgranate führten die Exponenten immer wieder das Wort «Rentenerhöhung» an. Rentenerhöhungen sind jedoch gesetzlich an die Teuerung gekoppelt. Hierzu könnte die FBP einen zielgerichteten Vorstoss unternehmen.
Wer immer darauf beharrt, dass die eigene Lösung die beste ist, wird im Landtag niemals Kompromisse und langfristige Lösungen erreichen können. Zu einer guten Staatsführung gehört es eben auch, Kompromisse bei solch wichtigen Themen schliessen zu können, um Mehrheiten zu erreichen. Das gelang der FBP in diesem Thema offensichtlich nicht.
VU für gesamtheitliche Lösungen
Nun gilt es, befreit nach vorne zu schauen: In einem Jahr wird die AHV-Sicherung den Landtag noch einmal beschäftigen. Es stehen in der nächsten Legislatur wichtige Entscheidungen an: Die AHV, die Pensionskassen, der Finanzabfluss aus der FAK aufgrund der einzuführenden Elternzeit und die Finanzierung von Pflege und Betreuung im Alter. Mit dem Wechsel im Gesellschaftsministerium nach den Wahlen wird es möglich, abgestimmte Lösungen für all diese Probleme zu finden, wie sie Christoph Wenaweser im Landtag gefordert hat. Also entstehen durch die Ablehnung der «Friss Vogel oder stirb»-Variante neue Chancen, die AHV langfristig auf gesunde Beine zu stellen.
Die Debatte im Dezemberlandtag hat damit eindrücklich gezeigt, dass es in Liechtenstein ein neues Führungsverständnis braucht, das alle konstruktiven Kräfte in wichtige Zukunftslösungen einbezieht anstatt einfach die eigene Lösung durchzudrücken: Nicht nur bei der Sicherung der Sozialwerke.