Verkehr in Schaan: Verbesserungen mit Schrankenlösung herbeiführen
Der Landtag fordert für Schaan klare Verkehrslösungen – und zwar ganz konkret bis nächsten Sommer. Laufen die Arbeiten bereits?
Daniel Risch: Ja. Der Landtag hat die Massnahmen für Schaan im Mai-Landtag von der Umsetzung der S-Bahn «entkoppelt». Er möchte also unabhängig von der S-Bahn eine Lösung für Schaan. Dazu ist zu sagen: Betrachtet man einzig die Schrankenschliesszeiten zu den Hauptverkehrszeiten, so liegen diese nach der Realisierung der S-Bahn und wenn alle verfügbaren Trassen genutzt werden, nach wie vor bei unter 15 Minuten pro Stunde. Die Schrankschliesszeiten würden sich also nicht massiv verlängern, weshalb ich den Landtag in seiner Haltung unterstütze, dass für Schaan ohnehin eine Lösung gefunden werden muss. Der Landtag hat der Regierung den Auftrag erteilt, bis nächsten Sommer Variantenprüfungen für Schaan vorzulegen. Deshalb habe ich nach der Landtagssitzung sofort Kontakt zu Vorsteher Daniel Hilti aufgenommen. Der Auftrag ist klar: Wir müssen jetzt gemeinsam über die Bücher und Lösungen erarbeiten.
Ist der vom Landtag vorgegebene Termin überhaupt realistisch? Können bis nächsten Sommer Varianten vorgelegt werden?
Daniel Hilti: Ja. Sowohl auf Gemeinde- wie auch auf Landesebene haben bereits Vorarbeiten stattgefunden.
Daniel Risch: Land und Gemeinde werden die Lösungen nun vertieft gemeinsam prüfen und über die Auswirkungen sprechen. Natürlich wurde bereits im Zuge der Erarbeitung zum Mobilitätskonzept vereinbart, dass diese Variantenprüfung für Schaan erfolgen soll. Aber da nun eine konkrete Umsetzung auch unabhängig von der Realisierung der S-Bahn erfolgen soll und ein Termin fixiert wurde, geht es nun schneller als geplant an die konkrete Umsetzung.
Daniel Hilti: Es hat mich übrigens sehr gefreut, dass der Landtag das Verkehrsproblem in Schaan unabhängig von der Realisierung der S-Bahn lösen möchte. Wir haben darüber im Rahmen der letzten Gemeinderatssitzung diskutiert und beschlossen, dass wir uns an den Kosten zur Prüfung der Varianten zur Hälfte beteiligen. Es ist uns nämlich wichtig, dass wir als «gleichberechtigter Partner» wahrgenommen werden. Damit möchten wir auch ein Zeichen setzen, dass es uns mit der Umsetzung der Massnahmen ernst ist.
Wie hoch sind die Kosten für diese Variantenprüfung?
Daniel Risch: Wir rechnen mit insgesamt 200 000 Franken.
Natürlich erkennen wir alle die Problematik, wenn wir zu Spitzenzeiten in Schaan im Stau stehen. Aber ist es wirklich so dramatisch? Und sind einzig die Schranken Schuld am Stau?
Daniel Hilti: Die Schranken sind einfach ein Grundärgernis. Stau entsteht in Schaan sicher nicht nur, aber eben auch aufgrund der Schrankenschliessungen. Zu glauben, dass das Verkehrsproblem komplett gelöst ist, wenn das Schrankenproblem gelöst wird, ist aber nicht realistisch. Über die Zollstrasse fahren zu den Spitzenzeiten einfach zu viele Autos. Ich glaube aber, dass es um einiges besser wird, wenn wir eine Lösung für die Schranken finden.
Wie soll das Problem also gelöst werden? Welche Varianten werden angedacht und geprüft?
Daniel Risch: Es werden drei Varianten geprüft: Die Absenkung der Strassen, die Absenkung der Bahn und die Weiterführung des Industriezubringers. Aber auch das Thema einer Nordumfahrung bzw. Nordschleife Buchs wird langfristig weiterverfolgt. Hier geht es darum, eine Bahntrasse ausserhalb von Schaan zu finden. Diese ist im Landesrichtplan vorgesehen, doch hier handelt es sich um ein sehr langfristiges Projekt.
Wie ist die Haltung des Gemeinderats in Bezug auf die verschiedenen Varianten? In welche Richtung tendiert er?
Daniel Hilti: Grundsätzlich soll erst einmal keine der Varianten ausgeschlossen werden. Für mich persönlich kommt allerdings eine Absenkung der Strassen nicht infrage. Wir müssten ganze Strassenabschnitte und Liegenschaften «auseinanderreissen». Das ist meiner Meinung nach schlicht und ergreifend nicht machbar.
Eine Absenkung der Bahn aber schon?
Daniel Hilti: Zumindest haben die bisherigen Abklärungen ergeben, dass dies technisch möglich wäre. Natürlich gibt es hier noch sehr viele Fragen, die geklärt werden müssen. Ich bin aber ein Verfechter dieser Lösung. Wichtig erscheint mir nun, aufzuzeigen, dass es realistische Lösungen gibt, die dazu führen, dass das Schaaner Zentrum entlastet werden kann.
Daniel Risch: Technisch machbar sind alle drei Varianten. Aber jede Lösung für sich wirft natürlich, unabhängig von der technischen Machbarkeit, weitere Fragen auf. Diese Fragen müssen wir gemeinsam beantworten. Dank der Vorarbeiten ist es aber realisitisch, diese bis nächsten Sommer vorzulegen. Wichtig wird es meines Erachtens auch sein, sämtliche Lösungen zu visualisieren, um den Schaanern eine klare Vorstellung zu vermitteln.
Und am Ende wird es wie immer auch eine Frage des Preises sein?
Daniel Risch: Natürlich ist es am Ende auch immer eine Frage des Preises, wenn es an die Umsetzung geht. Aber bei der Prüfung der verschiedenen Varianten geht es einzig darum, aufzuzeigen, welches die beste Lösung ist.
Und der Landtag hat dann erneut das letzte Wort?
Daniel Risch: Da ein massgeblicher Teil vom Land finanziert werden muss, ist sicher auch wieder ein Landtagsbeschluss nötig.
Daniel Hilti: Und es wird auch einen Gemeinderatsbeschluss dazu geben. Ich kann mir nicht vorstellen, dass der Landtag dann entgegen dem Wunsch des Gemeinderats entscheiden wird. Wir werden sicher eine Lösung finden, die für beide Seiten passt. Sollte es für Schaan eine optimale Lösung geben, die zu einer Schrankenfreiheit im Zentrum führt, können wir uns als Gemeinde vorstellen, uns an dem Projekt finanziell zu beteiligen. Das hat eine erste Diskussion im Gemeinderat klar aufgezeigt. Denn letztlich würden wir von einer solchen Lösung massiv profitieren.
Ob die S-Bahn nun also realisiert wird oder nicht – auf Schaan hat dies letztlich also keinen Einfluss?
Daniel Risch: Es macht durchaus Sinn, dass der Landtag die Verkehrsproblematik in Schaan von der S-Bahn entkoppelt hat. Wie gesagt: Für Schaan braucht es so oder so eine Lösung.
Wenn dies doch klar war: Warum wird dann erst jetzt gehandelt?
Daniel Risch: Es ist ja nicht so, dass Schaan in der Planung vergessen wurde. Aber der Doppelspurausbau betrifft in erster Linie den Abschnitt von der Grenze über Schaanwald bis nach Nendeln. In Schaan ändert sich bezüglich der Infrastruktur nichts. Trotzdem war bei der Ausarbeitung des Mobilitätskonzepts klar, dass gleichzeitig auch eine Lösung für Schaan gefunden werden muss. Der gesamtheitliche Ansatz des Konzepts ist genau deshalb so wichtig.
Wenn im nächsten Sommer die drei Varianten vorgelegt werden – wie bald könnten diese in die Realität umgesetzt werden?
Daniel Risch: Das hängt stark von der bevorzugten Variante ab. Eine Strassenabsenkung ginge wohl etwas schneller vonstatten, da wir hier die meisten Korridore bereits besitzen. Eine Bahnabsenkung setzt wiederum Verhandlungen mit der ÖBB voraus. Und wenn wir über eine Umfahrungsstrasse nachdenken, wäre dies sicher mit dem grössten Aufwand verbunden, da die entsprechenden Abschnitte weder dem Land noch der Gemeinde gehören.
So oder so: Dasas alles hört sich unglaublich teuer an …
Daniel Risch: Es ist alles finanzierbar. Wir sollten uns jetzt nicht vordergründig von den Kosten beirren lassen. Voraussichtlich würde sich die ÖBB hier aber nicht an den Kosten beteiligen, da alle Varianten keinen direkten Nutzen aus Sicht der Eisenbahn bringen.
Daniel Hilti: Für die ÖBB wäre dies eine reine «Luxuslösung», die sie nicht benötigen.
Daniel Risch: Die einzigen, die ein Interesse daran haben, hier eine Lösung zu finden, sind das Land Liechtenstein und im Speziellen die Gemeinde Schaan.
Warum ist und bleibt alles rund um die S-Bahn eine Diskussion?
Daniel Risch: Es mag sein, dass dies für die Bevölkerung so ist – für die Regierung und die Gemeinde Schaan aber schon lange nicht mehr. Auch der Landtag hat definitiv erkannt, dass wir nun grundsätzlich damit beginnen müssen, die Verkehrsprobleme zu lösen.
Daniel Hilti: Der Versuch, das Problem nur auf der Strasse lösen zu wollen, würde scheitern. Zuerst müssen wir definitv den öffentlichen Verkehr fördern. Erst wenn in diesem Bereich kein Potenzial mehr vorhanden ist, können und dürfen wir auch strassentechnisch weiterdenken. Ausserdem hat sich für mich in Zeiten der Corona-Krise gezeigt, dass es auch andere Möglichkeiten gibt, den Verkehr zu reduzieren. Stichwort Homeoffice: Ich bin überzeugt, dass auch in diesem Bereich künftig einiges möglich ist, wenn auch vielleicht nicht mehr in demselben Ausmass wie in den letzten Monaten. Trotzdem gibt es hier noch Potenzial. Und bezüglich S-Bahn ist für mich ganz klar: Sprechen wir uns dagegen aus, hängen wir uns als Land nur selber ab. Ich kann dazu nur sagen: Die Trasse führt ohnehin über Liechtenstein. Nutzen wir die Chancen einer S-Bahn und sorgen dafür, dass wir auch auf der Schiene international angebunden bleiben. Ich meine, dass wir gut beraten sind, mit dem Bahnausbau Schritt zu halten. Wenn wir das nicht tun, wird Liechtenstein als kleines Land irgendwann links liegen gelassen. Für mich ist es eh erstaunlich, wie viel Verständnis und Geduld unsere Nachbarländer für uns aufbringen.
Daniel Risch: Unsere Vorfahren haben sich in den 1860er-Jahren nicht ohne Grund dafür eingesetzt, dass diese Trasse über Liechtenstein führt, damit wir eben angebunden sind. Über viele Jahrzehnte wurde das als grosses Glück angesehen. Wir haben jetzt die Chance, diese weise Entscheidung der Vergangenheit bzw. die ohnehin schon vorhandene Infrastruktur künftig noch besser zu nutzen. Hier hilft ein Blick in die Geschichte definitiv, um vorwärts zu schauen.
Es ist ja ziemlich sicher, dass die Vorlage an der Urne landen wird. Wie weiter, wenn die Liechtensteiner sich dagegen entscheiden?
Daniel Hilti: Dann ist S-Bahn erledigt. Mindestens für die nächsten 20 bis 30 Jahre. In allen Ländern rund um Liechtenstein wird derzeit massiv in Bus und Bahn investiert. Überall funktioniert es … nur bei uns soll es das nicht? Ich hoffe wirklich sehr, dass die Liechtensteiner erkennen, dass auch wir als Autoland uns nicht davor verschliessen können. Falls doch, werden es die nachfolgenden Generationen künftig noch viel schwerer haben, etwas in Richtung ÖV zu bewegen. Und dann sind wir definitiv abgehängt.
Daniel Risch: Wir haben es jetzt in der Hand. Wir können jetzt entscheiden. Noch nie war Liechtenstein näher, diese wichtige Weiche im Verkehr so zu stellen, dass das Land langfristig profitiert. Wir sollten definitiv nicht Nein zu diesem Angebot sagen.