Sparanreize schaffen statt Neiddebatten befeuern!
Die Gesundheitskosten in der Obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP) sind von 2004 bis 2022 um 62 Prozent gestiegen. Dass das Bestreben der Freien Liste hin zu einer erwerbsabhängigen Krankenkassenprämie keinen Franken bei den Kosten einspart, ist eine Tatsache. Kosten auf die Allgemeinheit abzuwälzen, war noch nie nachhaltig erfolgreich. Das Schröpfen von Besserverdienenden – von denen es bei uns im Land zum Glück (noch) einige gibt und die übrigens dem Staat den Grossteil der staatlichen Einkünfte bescheren – gehört zur linken Ideologie. Diese wird am Ende aber immer den Solidaritätsgedanken überstrapazieren und mit Methoden der Planwirtschaft wird man jeweils kolossal scheitern: damals, heute, immer!
Ein zweiter Blick ist nötig
Die Prämien der Krankenkassen steigen in der Schweiz und in Liechtenstein – fast ungebremst, dürfte man meinen. Und alle paar Jahre gibt es Vorstösse zu erwerbsabhängigen Krankenkassenprämien. Diese hat man aus guten Gründen nie eingeführt. Denn Lösungen gegen die Kostenexplosion sind nicht bei den Prämien (oder deren Verbilligung) zu suchen, sondern in den Fehlanreizen im System. Doch gerade auch die Freie Liste hat dabei geholfen, diese Analyse zu verhindern. Die VU wollte mit einer Motion den Gesellschaftsminister auffordern, das Gesundheitswesen zum Wohle der Prämienzahler ordentlich zu durchleuchten. Die FL, die FBP und die DpL würgten die Motion ab. Die KVG-Reform von 2016 brachte zwar eine kurzfristige Prämienbremse durch Umverteilung der Kosten auf die Kranken. Nachhaltige Wirkung? Fehlanzeige!
Drittzahlersysteme funktionieren nicht auf Dauer
Solange alle im ganzen System für den Konsum von Gesundheitsdienstleistungen vorbehaltlos belohnt werden, wird sich bei den Kosten nichts ändern. Durch das Krankenkassenobligatorium, den Staatsbeitrag und den Arbeitgeberbeitrag haben alle Spieler im System die Sicherheit, dass Dritte bei den Kosten mitbezahlen – so werden Gesundheitsdienstleistungen stark subventioniert. Mit der Initiative zu erwerbsabhängigen Prämien werden die Kosten auch nur verlagert und weiter ungebremst ansteigen. Gerade der Mittelstand dürfte dabei den verhältnismässig höchsten Preis bezahlen. Die schwachen Einkommen werden durch die Prämienverbilligung entlastet. Hier könnte man durchaus noch einmal nachschärfen.
In der Schweiz beginnt nun das Undenkbare: Da gibt es tatsächlich Leute, die das aktuelle Gesundheitssystem und vor allem dessen langfristige Finanzierbarkeit infrage stellen. Wenn wir weiterhin im aktuellen System, das mit dem Krankenkassenobligatorium gut 30 Jahre alt ist, Pflästerlipolitik betreiben, wird sich nichts nachhaltig zum Besseren wenden. Lange wird es sich nicht mehr ausgehen mit den Versprechen der Populistinnen und Populisten von rechts und links. Dann wird das System an die Wand gefahren und das Ganze wird für viel mehr Menschen nicht mehr bezahlbar, als es heute der Fall ist. Die Zahlen der Caritas sprechen dabei Bände. Pierre Bessard und Olivier Kessler legen in ihrem Buch «Zu teuer! Warum wir für unser Gesundheitswesen zu viel bezahlen» die Fehlanreize im aktuellen System eindrücklich dar. Am Beispiel von Singapur zeigen sie auf, wie sich ein qualitativ hochwertiges Gesundheits- und Sozialsystem nachhaltiger finanzieren liesse. Es wäre für die weitere Debatte hilfreich, sich grundlegende Gedanken über die Finanzierbarkeit unseres Gesundheitswesens zu machen. Mit diesem Bestreben ist die VU aber augenscheinlich allein. Das zeigt eindeutig, dass offensichtlich der Leidensdruck doch nicht so hoch ist, wie vielerorts immer wieder zu hören ist.
Einfach, aber einfach falsch
So sind am Ende die Diskussionen rund um höhere Staatsbeiträge und erwerbsabhängige Prämien nichts anderes als Neiddebatten: Man ist nicht bereit, das System und dessen Fehlanreize zu durchleuchten, sondern möchte einfach die Kosten möglichst allen anderen aufbürden. Oder wie es einst Norbert Blüm sagte: «Alle wollen den Gürtel enger schnallen, aber jeder fummelt am Gürtel des Nachbarn herum.» Lange wird diese spalterische Politik nicht funktionieren. Sie ist nämlich das Gegenteil von Solidarität und Gift für unser Zusammenleben.
Wir besitzen gute Instrumente, um untere Einkommen zu entlasten. Diese müssen besser genutzt werden. Aber wir brauchen auch positive Sparanreize im Gesundheitswesen, damit uns die Kosten – und damit das ganze System – nicht um die Ohren fliegen. Darum wäre es angezeigt, nicht immer nur kurz vor Wahlen dort über den Zaun zu gehen, wo er am niedrigsten ist. Der bequemste Weg ist nämlich nicht immer der richtige. Besonders dann nicht, wenn es um das Ein- und Auskommen unserer Kinder und unserer Kindeskinder geht.
Wertvolle Erkenntnisse der Stiftung Zukunft.li
Und wenn man schon nicht bereit ist, das aktuelle System als Ganzes grundlegend zu hinterfragen, dann sollte man zumindest jene Reformen angehen, die im aktuellen System möglich wären. Die Stiftung Zukunft.li hat nun die Arbeit gemacht, welche die Regierung im Namen der Versicherten so dringend schon lange hätte machen müssen. Zukunft.li schlägt in der jüngsten Studie beispielsweise Managed-Care-Modelle vor. Diese Lösungen erinnern übrigens stark an das Hausarztmodell, das von der VU um die Jahrtausendwende eingeführt, aber von der FBP-Alleinregierung ohne Not und Bewährungsfrist gleich wieder abgeschafft wurde.
Der zuständige Minister scheint sich also – wie in den meisten seiner Agenden – ohnehin lieber in der Strategie des Aussitzens zu üben, anstatt Lösungen vorantreiben zu wollen. Dabei ist er sich wohl nicht bewusst, dass das Sprichwort «Wer nichts macht, macht auch nichts falsch» in diesem Zusammenhang nicht stimmt. Ein Blick auf die Kostenexplosion zeigt das eindrücklich. (mw)