Rolle rückwärts und Wunschkonzert fürs Lehrpersonal?
Die Diskussion rund um die Teilrevision des Lehrerdienstgesetzes treibt komische Blüten. Nachdem auf den BuA im Oktober 2020 nach einer ausführlichen Eintretensdebatte einstimmig eingetreten wurde und in der ersten Lesung gerade einmal zu einem einzigen Artikel Fragen gestellt wurden, haben sich die Verhältnisse bei FBP, FL und DpL geändert. «Wir haben fast zu allen Artikeln Fragen oder Änderungswünsche», wird FBP-Fraktionssprecher Daniel Oehry im Volksblatt zitiert. Man fragt sich, warum diese Fragen bei der 1. Lesung im Oktober nicht vorgebracht wurden. Ein Schelm, der Böses denkt. Entweder war die FBP für die Debatte im Oktober schlecht vorbereitet oder versucht mit einem politischen Manöver Unruhe zu stiften. Diese Rolle rückwärts könnte sich jedoch als Schuss nach hinten erweisen: Seit längerer Zeit wartet das Kindergartenpersonal auf eine Gleichstellung. Dies war eines der Hauptmotive, warum dieses Gesetz überhaupt revidiert werden sollte. Mit einer erneuten 1. Lesung, wie sie die FBP und offenbar auch die Freie Liste sowie die DpL in den Raum stellen, muss das Kindergartenpersonal weiter auf eine Anpassung warten, was die planerische und lohnmässige Vollangleichung um mindestens ein Schuljahr verzögern wird. Die VU wird sich bemühen, eine solche Verzögerung zu verhindern.
Auch bei den DpL zeichnet sich ein Sinneswandel ab: Ausgerechnet jene Partei, welche in den vergangenen Jahren kein gutes Haar an den Landesangestellten liess, schickt sich nun mit zwei Anträgen unter anderem an, ein Wunschkonzert für Lehrerinnen und Lehrer einzuführen, was die Stellenprozente angeht. Selbst die Stellungnahme der Lehrervereine geht nicht soweit, wie nun die Stimmen aus der Politik. Die sonst schon sehr teilzeitfreundlichen Konditionen für das Lehrpersonal – rund 60% (!) arbeiten jetzt schon Teilzeit – sollen zulasten der Planbarkeit eines qualitativ hochstehenden Schulbetriebs noch mehr ausgedehnt werden. Dass dies planerisch für die Schulleitungen chaotisch werden könnte, wird nicht bedacht.
Keine Frage: Lobbygruppen sind wichtig und immer angehalten, ihre Interessen zu vertreten. Das ist legitim und Teil des demokratischen Prozesses. Politiker sind in der Funktion als Gesetzgeber jedoch dafür verantwortlich, das grosse Ganze ihrer Entscheidungen zu bedenken. Sie sind angehalten, gewisse Spielregeln einzuhalten, wenn sie Bedürfnisse einzelner Anspruchsgruppen im Gesetzgebungsprozess vortragen. Nachdem FBP, FL und DpL im letzten Oktober offensichtlich noch keine solchen Bedürfnisse erkannt hatten, wollen sie nun plötzlich eine von langer Hand geplante und gut durchdachte Gesetzesreform torpedieren.
Ein wichtiger Faktor wird bei dieser Fundamentalkritik der anderen Parteien ausser Acht gelassen: Der Schulbetrieb sollte nicht nur für Lehrerinnen und Lehrer möglichst angenehm sein. Er muss vor allem zugunsten der Kinder und Jugendlichen ausgestaltet werden, damit sie gut ausgebildet werden und später gute Berufschancen haben. Und dafür braucht es eine gute Koordination und Planbarkeit. Wer den BuA im Herbst 2020 genau gelesen hat, sieht dort, dass selbst der Europäische Gerichtshof zum Schluss kommt, dass sich der Staat als Arbeitgeber nicht dem Risiko aussetzen muss, erheblich mehr Lehrpersonen fest anzustellen, als es zur Erfüllung der Verpflichtungen im Bereich des Schuldienstes tatsächlich notwendig wäre.
Durch dieses geplante Wunschkonzert werden mehr Unsicherheiten als Klarheiten geschaffen und die im Grundsatz von allen gewünschten Anpassungen zulasten des Kindergartenpersonals auf unbestimmte Zeit vertagt.