Neues FBP-Wahlsystem: Ignoranz und Umerziehung für rechnerischen Eigennutz
Während die Regierung, allen voran die FBP- Vizeregierungschefin Sabine Monauni davor warnte, zog die FBP das Ganze kompromisslos durch – als hätte sie den Bericht und Antrag der Regierung sowie das darin implizierte Gutachten von Liechtensteins «Wahlsystem-Guru» Wilfried Marxer nie gelesen. Die Ironie: Marxer hatte nach der Wahl 2021 mit seinem Hinweis auf die «Wählerstimmen» die «Schwarzen wohl erst auf die Idee gebracht, am Wahlsystem herumzubasteln. So konnte die FBP nun – nach Trump 2020 mit seiner «Big Lie» – intern die Geschichte der «gestohlenen Wahl» weiterpflegen. So musste man nicht der verkorksten Legislatur mit u.a. den Fällen Aurelia Frick und Johannes Kaiser die Schuld dafür geben, dass man nur die zweitmeisten Parteistimmen hatte.
Der Stachel der Wahlen 2021 scheint tief zu sitzen. Denn mit dem von der FBP vorgeschlagenen System werden zunächst die Wahlkreise in einem komplizierten Verfahren mathematisch abgeschafft, um die Mandatsverteilung vorzunehmen, um sie danach mathematisch wieder einzuführen. Das führt am Ende nicht nur dazu, dass der Wahlkreis Unterland im Vergleich zum aktuellen System überproportional profitiert. Da vor allem die DpL und die FBP im Unterland ihre Hochburg haben, dürften auch jene Parteien vom neuen System am meisten – zumindest indirekt – profitieren. Dass daher FBP und DpL für die Einführung des neuen Systems plädieren, war klar. Die DpL machten keinen Hehl daraus, dass diese Reform ihnen (vermutlich am ehesten auf Kosten der VU) helfe.
So war für die FBP also nur noch mindestens jemand von der Freien Liste zu überzeugen. Auch die Weissen gingen den Schwarzen auf den Leim, denn sie liessen sich vom Schlagwort der «Gerechtigkeit» auf’s Glatteis führen: Mit dem «Doppelten Pukelsheim» würden die Stimmen «gerechter» verteilt. Dass das Verhältnis Unterland/Oberland aktuell mit 15:10 auch zur Übervorteilung des Unterlands führt, irritierte Patrick Risch und Manuela Haldner-Schierscher offensichtlich nicht. Dass die Stimmen, wie Wilfried Marxer in seinem Gutachten hergeleitet wurde, noch viel gerechter verteilt wären, wenn man die Sperrklausel und die Wahlkreise senkte bzw. abschafft, reichte den beiden «Weissen» nicht. Einzig Georg Kaufmann hatte es verstanden. Manuela Haldner-Schierscher war zwar teilweise auf dem richtigen Weg, stimmte dann dennoch für die Wahlrechtsänderung.
Was nun folgen wird, ist die 2. Lesung des Gesetzes. Da die FBP bereits keine Anstalten dazu machte, den Bericht der Regierung überhaupt ernst zu nehmen, ist davon auszugehen, dass diese Bedenken gar nicht in deren Bericht und Antrag auf die 2. Lesung hin einfliessen werden. Die Einführung eines neuen Wahlsystems ist nicht nur mit hohem technischen Aufwand im Hintergrund verbunden. Auch die Lehrbücher, welche das Wahlverfahren in Liechtenstein erklären, müssen umgeschrieben werden. Das Nachrechnen der Resultate wird nicht mehr so ohne Weiteres möglich sein, wie das aktuell der Fall ist. Ob die vermeintliche «höhere Gerechtigkeit» es wert ist, das Ganze System umzuwerfen, wird sich zeigen.
Jedenfalls zeigt das Vorgehen, dass die FBP bereit ist, Mechanismen, die seit Jahrzehnten bewährt sind, für den eigenen Vorteil zu opfern, damit ihre Rechnung stimmt. Gemäss den Berechnungen hätte übrigens die FBP 2021 nicht mehr Mandate erreicht – die VU hätte zugunsten der DpL im Unterland eines eingebüsst.
Am selben Tag wurde im Landtag auch offenbar, wie die FBP zu ihrer Mehrheit kam: Ein Grossteil der Fraktion stimmte einem Vorstoss der Freien Liste für einen Modalsplit 50:50 zu. Auch dieser hätte gezeigt, welche Zwangsmassnahmen nötig wären, um die Menschen von ihrem Auto in den öffentlichen oder den Langsamverkehr zu zwingen. Das bot einen Vorgeschmack darauf, welche Politik uns erwartet, wenn sich die Bürgerpartei mit den Planwirtschaftlern von der Freien Liste zusammentut: Zahlen, Daten, Fakten und vor allem die Realität spielen keine Rolle, wenn es darum geht, die eigenen Politischen Ziele zu erreichen – und Macht auszuüben.