Fahrlässiger Umgang mit gesellschaftspolitischer Verantwortung
«Vor allem dürften nicht nur Taktik und Strategie die Politik beherrschen, sondern es gelte zuzuhören und Meinungen zu respektieren.» (Liechtensteiner Vaterland) Mit dieser Aussage bewirbt sich der FBP-Präsident Marcus Vogt um einen politischen Friedensnobelpreis. Tags darauf schiesst sich seine Landtagsfraktion auf den Koalitionspartner ein. In ihrem Antrag auf ein Sondertraktandum fordert die FBP lediglich das Ministerium für Inneres, Bildung und Umwelt auf, die Massnahmen auf dem Postplatz in Bezug auf die Sicherheit darzulegen. Dass die FBP in ihrem Sondertraktandum zum Thema Vorgänge auf dem Postplatz Schaan den Wirkungsbereich von Gesellschaftsminister Mauro Pedrazzini komplett ausblendet, zeigt, dass das gesellschaftspolitische Problem in der Gesamtheit seiner Tragweite von der FBP Fraktion nicht erfasst wird. Das Ministerium für Gesellschaft ist verantwortlich für die allgemeine Gesellschafts- und Sozialpolitik und insbesondere für die Förderung, den Schutz und die Hilfe von Kindern und Jugendlichen. Der damit verbundenen Prävention kommt eine zentrale Bedeutung zu, damit es erst gar nicht zu Vorfällen wie diesen am Postplatz kommt.
Politisches Kapital auf Kosten der Einwohner
Der VU wurden mittlerweile Hilfeschreie von betroffenen Eltern von Jugendlichen zugetragen, die vom Gesellschaftsminister offenbar überhört werden. Das Amt für Soziale Dienste, das dem Gesellschaftsminister unterstellt ist, verfügt augenscheinlich nicht über die Kapazitäten, der Probleme Herr zu werden. Um vom eigenen Versagen abzulenken, schiesst sich die FBP nun auf die Landespolizei und die zuständige VU-Ministerin ein. Was ist das anderes als parteipolitische «Taktik und Strategie»? Aus jedem Zwischenfall wird versucht, politisches Kleingeld herauszuschlagen. Dieses Verhalten ist verwerflich. Das Zitat des FBP-Präsidenten vom Parteitag ist daher nicht mehr als scheinheilige Phrasendrescherei. So kommen die FBP und ihr Minister ihrer gesellschaftspolitischen Verantwortung nicht nach. Bezahlt wird der Preis dafür am Ende von den Einwohnern in Liechtenstein.
Unfähigkeit hat Konsequenzen
Die FBP beweist damit nicht nur eindrücklich ihre Unfähigkeit, den Koalitionspartner respektvoll zu behandeln, sondern auch die Unfähigkeit, sich dem Thema umfassend und damit mit Ernsthaftigkeit anzunähern. Denn die FBP fokussiert in ihrer Darstellung auf polizeiliche Symptombekämpfung, anstatt bei den Wurzeln – und damit in der Zuständigkeit des Gesellschaftsministeriums –anzusetzen. Das ist rein der Parteipolitik geschuldet. Erschreckend ist nicht das Wahlkampfgehabe an sich. Bedenklich ist aber die Tatsache, dass die Fraktion der Mehrheitspartei in der Regierung die Wichtigkeit dieser Thematik und seine damit verbundene gesellschaftspolitische Tragweite nicht zu fassen vermag. Die FBP-Fraktion ist sich der Verantwortung nicht bewusst und verkennt die Konsequenzen, welche dieses Thema für die Betroffenen ein Leben lang haben kann, wenn nicht früh genug gesellschaftspolitische Massnahmen im Zentrums des Tuns stehen.