Bezahlbares Wohnen: VU-Postulat sorgt für Bewegung
von Markus Gstöhl, stv. Landtagsabgeordneter
Vorab geht meinerseits ein grosses Kompliment an die Regierung. Graziella Marok-Wachter und ihr Team haben verstanden, was die VU-Fraktion mit ihrem Postulat für bezahlbaren Wohnraum wollte. Nach einigen Vorstössen in verschiedenen Bereichen der Gesellschaftspolitik und dürftigen Beantwortungen zeigt das Ministerium für Infrastruktur und Justiz ein sehr starkes Problembewusstsein sowie die Absicht, Lösungen herbeizuführen.
Kooperation statt starker Staat
Die Regierung hat das Postulat beantwortet und widmete sich den steigenden Grundstücks-, Wohnungs- und Mietpreise. Datenerhebungen. Analysen zeigen, dass die Bodenpreise zum Beispiel in Schaan zwischen 2000 und 2020 um 60% gestiegen sind. Auch die Mieten haben sich im selben Zeitraum deutlich erhöht. Um diese Preisentwicklungen abzufedern, wurden Massnahmen geprüft und die Vor- und Nachteile der jeweiligen Massnahme dargestellt. Die Prüfbereiche und Antworten sind sehr ausführlich und ich rate allen Interessierten, diesen Bericht und Antrag zu studieren. Er ist lehrreich und stellt ein grossartiges Grundlagenpapier für weitere Massnahmen dar.
Während staatliche Eingriffe ins System, wie sie teilweise in Nachbarländern stattfinden, verlockend klingen, stellt die Regierung fest, dass statt einseitigen Markteingriffen ein Zusammenspiel zwischen Privaten, Gemeinden und dem Staat eher zum Ziel führen. Gerade den Gemeinden kommt hier meines Erachtens eine zentrale Bedeutung zu: Beim Thema Wohnbaugenossenschaften und Erstellung von erschwinglichem Wohneigentum gibt es bereits erfolgreiche Beispiele. Eine engere und gute Zusammenarbeit mit grossen Grundstückbesitzern wie Bürgergenossenschaften können hier zum Ziel führen, mehr bezahlbaren Wohnraum zu ermöglichen.
Fehlende Daten: Regierung will Abhilfe schaffen
Die Regierung bekräftigt nach der Prüfung auch unsere Vermutung: Bezüglich Wohnkostenentwicklung ist zu wenig Datenmaterial vorhanden, um objektive Rückschlüsse hinsichtlich Handlungsbedarf zu ziehen. Dazu wird die Regierung eine Arbeitsgruppe einsetzen, die sich diesem Thema annimmt. Das ist sehr wertvoll.
Ein weiterer Verdacht der VU-Fraktion wurde durch die Recherchen der Regierung ebenfalls erhärtet: «Wohnbauförderung und Mietbeiträge erscheinen hinsichtlich Einkommensgrenzen und Zielgruppen derzeit nur unzureichend aufeinander abgestimmt», heisst es in der Postulatsbeantwortung. Beide Instrumente seien in der bisherigen (praktizierten) Form reine Subjektförderungen und es stelle sich die Frage, ob die Ergebnisse tatsächlich so gewollt sind.
Aktuelle Trends verschärfen die Problemstellungen
Eine weitere zentrale Erkenntnis der Regierung ist der Trend zu höheren Miet- und Mietnebenkosten angesichts der deutlich gestiegenen Inflation. So hätten beispielsweise die Ansuchen von Rentnerinnen und Rentner für Mietbeihilfen deutlich zugenommen, obwohl diese gar nicht anspruchsberechtigt seien. So konnten, nicht zuletzt aufgrund des Postulats, frühe Erkenntnisse gewonnen werden, die kurz- bis mittelfristig den Reformbedarf bei diesem zentralen Thema für unsere Bevölkerung aufzeigen.
Transparenz schafft Vertrauen
Eine staatliche Regulierung der Mietzinsen, eine flächendeckende Förderung oder ein Mindestanteil an bezahlbarem Wohnraum ist weder zielführend noch notwendig. Statt Verboten und Beschränkungen sind neue Wohnformen eine mögliche Lösung.
Bezahlbarer Wohnraum hat eben auch viel mit der Eigenverantwortung und Anspruchshaltungen zu tun. Der Ruf nach einseitigen staatlichen Massnahmen wie Mietpreisdeckel etc. könnte verheerende, unbeabsichtigte Folgen haben. Die Problematik der sich drehenden Preisspirale befindet sich seit Jahren auf der Agenda der Politik. Nun hat die Regierung eine Postulatsbeantwortung betreffend «Bezahlbares Wohnen in Liechtenstein» zuhanden des Landtags verabschiedet. Diese wird im Dezember vom Landtag behandelt werden. Und man darf gespannt sein, wie die Vorschläge der Regierung im Parlament ankommen werden bzw. welche Lösungen der Landtag als geeignet erachtet.
Jedenfalls haben wir jetzt schon mehr Transparenz als vor der Einreichung des Postulats. Nun können die Themen gezielt und strukturiert angegangen werden. Die Postulatsbeantwortung ist meines Erachtens definitiv der richtige Schritt in die richtige Richtung. Darum ist auch mein Vertrauen gross, dass die Regierung und die eingesetzte Arbeitsgruppe den Schwung in diesem Thema mitnehmen.