Alternative Szenarien für Radio L: Wer sucht, der findet
Manchmal denke ich, dass mit Alternativlosigkeit demonstrierte Ohnmacht die Politikverdrossenheit in grossen Teilen der Bevölkerung verursacht oder zumindest verstärkt. In Deutschland wurde aufgrund dieser (teils gefühlten?) Alternativlosigkeit sogar eine Partei gegründet, die aktuell von einem Erfolg zum nächsten eilt. Ob diese Partei nun wirklich die Alternative ist, die sie in ihrem Namen trägt, wird die Zeit weisen. Aber sie zeigt zumindest, dass bei einem grossen Teil der Bevölkerung offenbar eine grundlegende Sehnsucht nach Alternativen für die Probleme der heutigen Zeit besteht. Nadine Vogelsang zeichnet in ihrem Beitrag im «Vaterland» vom Donnerstag, 27. Juni, ein düsteres Bild, das eben den Menschen nicht viel zutraut. Kernaussage: «Nur, wenn das Radio vollkommen staatlich ist, kann es überleben.» Dabei sehen wir täglich, dass Medien, die privat wirtschaften und vom Staat für diese Leistungen gefördert werden, sehr viel besser arbeiten und wirtschaften als jene, die sich – ohne «Kunden» überzeugen zu müssen – auf dem staatlichen Rundum-Wohlfühlpaket ausruhen zu können. Beispiele sind das Medienhaus, das sich regelmässig – inhaltlich oder produktmässig – neu erfindet oder auch kleinere Medienunternehmen, die zeigen, dass es mit viel Herzblut geht, ohne vollständig an der staatlichen Lebenserhaltungsmaschine zu hängen.
Wir erleben es bei nahezu allen staatlichen Rundfunkanstalten im umliegenden Ausland: Die hohen Ausgaben (und Gebühren!) geben genauso zu reden wie die Vorwürfe, die einen oder anderen würden in der Berichterstattung unterschiedlich behandelt werden. Während die Abgeordnete V ogelsang eine erfolgreiche Privatisierung des Radios zum Märchen erklärt, sitzt sie selbst dem Märchen der Objektivität und Unabhängigkeit öffentlich-rechtlicher Sendeanstalten auf: Kein Medium ist in der Lage, objektiv und unabhängig zu berichten. Denn irgendwoher kommt immer das Geld, mit dem es arbeitet. Objektivität und Neutralität sind Ideale. Das Bemühen um diese Ideale müssen Medienschaffende verinnerlichen: Ob staatlich oder privat ist in dieser Frage zweitrangig.
Die besonders von der FBP kultivierte Alternativlosigkeit hatte zwar bei der jüngsten Spitalabstimmung noch Erfolg. Damals erklärte man den Menschen, dass man im Falle eines Neins bald kein Spital mehr habe. Dabei gibt es für das Landesspital ein Gesetz, das den Betrieb eines Spitals vorschreibt. Klar kann man voll auf die Karte setzen, dass man in jedem Fall diese Abstimmung gewinnt. Die DpL- Initiative, die das entsprechende Gesetz für den Rundfunk aufheben will, hat aber sehr gute Chancen, vom Volk angenommen zu werden. Mit diesem Problem sind wir konfrontiert. Dass Probleme verschwinden, wenn man sich die Augen zuhält, funktioniert nur bei kleinen Kindern. Ich als Befürworter einer breit gefächerten Medienlandschaft warte aber immer noch auf einen Plan B von Medienministerin Sabine Monauni für dieses Szenario. Hält sie an ihrer Vorstellung fest, dass man im Falle Annahme der Privatisierungsinitiative beim Radio in jedem Fall den Schlüssel drehen muss, betreibt sie mit den DpL gemeinsam aktive Medien-Sterbehilfe. Nützt sie hingegen die Chance, das Radio im Medienförderungsgesetz mitzudenken, könnte daraus wirklich ein interessantes, privates aber staatlich gefördertes Medienhaus im Sinne der Meinungsvielfalt werden.
Wir sollten uns nicht gegenseitig unsere (vermeintlichen) Märchen erzählen und den Kopf in den Sand stecken. Wir brauchen in allen Politik-Bereichen verschiedene Strategien für verschiedene Szenarien, wenn uns etwas wichtig ist – in diesem Fall die Medienvielfalt. Sollte ein alternativer Plan scheitern, müssen wir uns zumindest nicht vorwerfen lassen, wir hätten es nicht probiert, für unsere Anliegen einzustehen.