Zielgerichtete Entlastung bei den Prämien
von Günther Fritz, Parteipräsident der VU
Die VU-Landtagsfraktion hat Ende Mai eine parlamentarische Initiative zur Ausweitung der Prämienverbilligung eingereicht. Die vorgeschlagenen Erhöhungen der Einkommensgrenzen bei gleichen Subventionssätzen sowohl für die Prämienverbilligung als auch die Kostenbeteiligung bringen bei einer angenommenen Nutzungsquote von 54 Prozent Mehrkosten von 6 Millionen mit sich.
VU für 10-Millionen-Paket
Diese Initiative ist ein Teil des 10-Millionen-Pakets zur Entlastung des Mittelstands bei den Krankenkassenprämien. Den anderen Teil, die Erhöhung des OKP-Staatsbeitrags von 29 auf 33 Mio. Franken, hat die VU-Fraktion dank Unterstützung der FL-Fraktion, des parteifreien Abgeordneten Johannes Kaiser und des FBP-Abgeordneten Wendelin Lampert im Juni-Landtag mit 13 Stimmen knapp durchgebracht.
Viele Menschen in Liechtenstein haben Schwierigkeiten, ihre Krankenkassenprämien und die Kostenbeteiligung zu bezahlen. Sowohl einkommensschwache Einzelpersonen bis zum 65. Lebensjahr als auch Familien des unteren Mittelstandes sowie viele Seniorinnen und Senioren leiden darunter, dass ein erheblicher Teil ihres monatlichen Haushaltsbudgets für die Gesundheitskosten aufgebraucht wird.
Kostenfolgen nun abschätzbar
Im Berichtsjahr 2018 beliefen sich die geleisteten Prämienverbilligungen auf rund 6 Mio. Franken. Dabei wurden erstmals auch Kostenbeteiligungen an die Franchise und Selbstbehalte vergütet. Um dem Landtag auf der Basis von Fakten und Zahlen einen konkreten Vorschlag zur Ausweitung der Prämienverbilligung unterbreiten zu können, der finanzpolitisch verantwortbar und sozialpolitisch sinnvoll ist, hat die VU-Fraktion am 4. Juni 2018 im Rahmen ihres Bürgerpakets eine Interpellation zur Prämienverbilligung eingereicht. Ein Jahr später liegt nun die Interpellationsbeantwortung vor.
Dabei hat die Regierung anhand eines Berechnungsmodells, dem Daten aus Steuererklärungen zugrunde liegen, die Auswirkungen der verschiedenen von der VU vorgeschlagenen Veränderungen simuliert. Insbesondere überrascht das Ergebnis, dass heute 62 Prozent der Anspruchsberechtigten die Möglichkeit zur Prämienverbilligung gar nicht nutzen.
Kaisers Initiative geht zu weit
Inzwischen hat das Ministerium auch die Kostenfolgen der vom parteilosen Abgeordneten Johannes Kaiser eingebrachten Initiative zur Krankenkassen-Prämienverbilligung auf die gleiche Art errechnet. Bei seiner Initiative würde die Anzahl der Anspruchsberechtigten auf einen Drittel der erwachsenen Bevölkerung steigen und bei der heutigen Nutzungsquote von 38 Prozent Mehrkosten von 5,7 Mio. Franken nach sich ziehen. Bei einer angenommenen Nutzungsquote von 54 Prozent wären dies bereits Mehrkosten von 10,5 Mio. Franken. Dieser Vorschlag geht der VU-Fraktion zu weit.
Existenzminimum gesichert
Die Stossrichtung von Johannes Kaiser, dass er gerade Alleinstehende in den untersten Einkommenssegmenten und damit insbesondere Alleinerziehende mit einem Subventionssatz von 80 Prozent entlasten will, ist zwar gut gemeint, bringt vielen Betroffenen jedoch nicht die erhoffte Entlastung. Denn jegliche Veränderungen am Sozialsystem im Bereich unterhalb des Existenzminimums führen in der Regel nur zu Verschiebungen innerhalb der verschiedenen Ausgabeposten der öffentlichen Hand.
«Deshalb haben wir uns mit Blick auf die Anzahl der Anspruchsberechtigten und die daraus resultierenden Kostenfolgen für eine Alternativ-Initiative entschieden, die auf den in Frage 8b unserer Interpellation aufgeführten Einkommensgrenzen und Subventionssätzen aufbaut», erklärt VU-Fraktionssprecher Günter Vogt. Laut Modellrechnung erhöht sich im Vergleich zur geltenden Regelung die Anzahl der Anspruchsberechtigten um 2900 auf rund 9900 Personen. Dabei entstehen im Vergleich zu heute bei einer bestehenden Nutzungsquote von 38 Prozent Mehrkosten in Höhe von 2,5 Mio. Franken.
Nutzungsquote dürfte steigen
Nach Ansicht der VU-Fraktion ist davon auszugehen, dass durch die öffentliche Aufmerksamkeit und die zusätzlichen Anspruchsberechtigten das Prämienverbilligungssystem besser «beworben» wird und die Nutzungsquote steigt. «Ausserdem fordern wir die Regierung auf, die Steuerverwaltung zu beauftragen, beim jährlichen Steuerbescheid ganz gezielt die laut Steuererklärung Anspruchsberechtigten aufgrund ihres massgebenden Erwerbs über ihr Recht zur Nutzung der Prämienverbilligung zu informieren», betont VU-Fraktionssprecher Günter Vogt.
Unter diesen Voraussetzungen nimmt die VU vorsichtshalber an, dass die Nutzungsquote um bis zu gut 15 Prozent steigen könnte. Mit einer höheren Steigerung ist nach Ansicht der VU-Fraktion aber nicht zu rechnen, da auch in Zukunft viele Anspruchsberechtigte aus persönlichen Gründen von der Möglichkeit der Prämienverbilligung nicht Gebrauch machen wollen.
Verdoppelung der Kosten
Das bedeutet dann bei einer angenommenen Nutzungsquote von rund 54 Prozent im Vergleich zur heutigen Regelung bei einer Nutzungsquote von 38 Prozent Mehrkosten von maximal 6 Mio. Franken. Das käme dann mit insgesamt 12 Mio. Franken einer Verdoppelung der heutigen Kosten für die Subventionierung der Prämien und Kostenbeteiligung gleich. Diese Mehrkosten sind nach Ansicht der VU aufgrund der zielgerichteten Unterstützung des unteren Mittelstandes sozialpolitisch sinnvoll und auch finanzpolitisch verantwortbar.
Familien stärker fördern
Wie aus der tabellarischen Darstellung der Gesetzesinitiative ersichtlich ist, soll die Einkommensgrenze bei den Alleinstehenden von bisher 45 000 auf 55 000 Franken angehoben werden. Die vorliegende Initiative wendet den Zuschlagsfaktor von 0.4, um den sich die Einkommensgrenze bei Verheirateten und in Partnerschaft lebenden Personen bei der geltenden Regelung in der ersten Stufe erhöht, konsequent an. So wird auch in der zweiten Stufe die Einkommensgrenze von CHF 55 000 bei Alleinstehenden um 40 Prozent auf CHF 77 000 bei Ehepaaren/Lebenspartnern erhöht. Damit werden die Familien im Prämienverbilligungssystem stärker als bisher gefördert.
Bei Kostenbeteiligung entlasten
Zudem wird in der Gesetzesinitiative der gleiche Subventionssatz, wie er für die Prämienverbilligung gilt, auch für die Kostenbeteiligung verwendet. Damit soll eine zusätzliche Entlastung bei der Kostenbeteiligung an den bezogenen Gesundheitsleistungen erfolgen. Laut Rechenschaftsbericht der Regierung betragen die Subventionen der Kostenbeteiligung im Berichtsjahr 2018 rund 10 Prozent der Totalkosten. In der Simulation sind es rund 11 Prozent. Wie das Ministerium für Gesellschaft errechnet hat, machen bei der vorliegenden Initiative die Subventionen der Kostenbeteiligung laut Simulation rund 15 Prozent der Totalkosten aus.
Erfolg beim OKP-Staatsbeitrag
Die VU hatte bereits in den letzten beiden Jahren eine Erhöhung des OKP-Staatsbeitrags um 4 Mio. Franken im Sinne einer Prämienbremse vorgeschlagen, erreichte aber keine Mehrheit. Beim dritten Anlauf im Juni-Landtag klappte es mit knappen 13 Stimmen. Dies bedeutet eine monatliche Reduktion der Krankenkassenprämie um 10.40 Franken. Das sind rund 125 Franken pro Jahr. Da die Gesundheitskosten und damit auch die Prämien in den nächsten Jahren voraussichtlich steigen werden, kommt dies aus heutiger Sicht einer mittelfristigen Prämienbremse gleich.
Finanzpolitisch verantwortbar
Mit Mehrkosten von 6 Mio. im Bereich der Prämienverbilligung und 4 Mio. beim OKP-Staatsbeitrag möchte die VU im Rahmen ihres Bürgerpakets ein 10-Millionen-Prämienentlastungs-Paket durchbringen. Dazu Günter Vogt: «Diese Mehrkosten sind sozialpolitisch sinnvoll und auch finanzpolitisch verantwortbar. Dies nicht zuletzt angesichts des Gewinns von 53 Mio. Franken in der Erfolgsrechnung 2018 des Landes bei einem betrieblichen Plus von 61 Mio. Franken. Es ist Zeit, dass der Staat nach den Jahren des Sparens gerade den einkommensschwachen Einzelpersonen, Familien und Senioren wieder etwas zurückgibt und sich stärker an den Gesundheitskosten beteiligt.»