Zeit für Liechtenstein: Gute Verkehrspolitik braucht Mehrheiten in der Bevölkerung
«Wenn es einfache Lösungen gäbe, dann hätten wir keine Verkehrsprobleme.» Die Infrastrukturministerin ordnete einleitend die Herausforderungen im Zusammenhang mit möglichen Verkehrslösungen ein. Wo Raum knapp ist, bestehen immer mehrere Ansprüche an dieselbe Fläche. Soll man den Raum z.B. für Landwirtschaft, Wald oder Wohnen nutzen? Diese Frage stellt sich auch in Bezug auf Verkehrsflächen. Wir werden aufgrund der beschränkten Platzverhältnisse sowie aus Kosten- und Nachhaltigkeitsgründen nicht unbeschränkt Strassen oder Tunnels bauen können. Die Bevölkerung würde aber auch kaum akzeptieren, wenn wir das Autofahren durch verhaltenssteuernde Massnahmen wie Verbote oder z.B. hohe Auto- oder Parkplatzsteuern sehr unattraktiv machen würden. Unabhängig davon zeigt sich die Ministerin überzeugt, dass es eine Entlastung neuralgischer Punkte braucht. Dafür werden sowohl der Bau neuer Infrastrukturen als auch Massnahmen zum Erreichen von Verhaltensänderungen erforderlich sein. Da Projekte im Strassenbau lange Vorlaufzeiten haben, müssen wir uns jetzt Gedanken für die Zukunft machen: Wie sehen zukünftige Verkehrslösungen aus? Und wie finden wir mehrheitsfähige Lösungen?
Einen Blick in die Zukunft wagen
Im Rahmen der Diskussion erwähnten einige Gäste im Publikum, dass ihre Enkelkinder heute gar keinen Führerschein mehr machen wollen, weil sie lieber den öffentlichen Verkehr nutzen. Auch raumplanerische Fragen wurden angesprochen. Wo werden die grossen Arbeitsgebiete sein, und die entsprechenden Pendlerströme verlaufen? Diesen Aspekt betonte besonders der Vorsteher von Gamprin-Bendern, Johannes Hasler. Wenn wir sehen, wie sich der Verkehr, wo entwickeln wird, können wir dort für die Zukunft die richtigen Massnahmen setzen, damit der Verkehr flüssiger wird und auch die richtige Verkehrsmittelwahl erfolgen kann.
VCL-Präsident Georg Sele ergänzt dahingehend, dass es gesünder sei, sich mit dem Fahrrad fortzubewegen, wenn die Distanzen und die Verkehrswege es zulassen. Die Menschen müssten von den Vorteilen des Radfahrens überzeugt werden. Die Infrastrukturministerin teilt die Meinung, dass Fahrradfahren die Gesundheit fördert und die Strassen entlastet und Radwege daher gefördert werden müssen. Sie bezweifelt allerdings, dass wir unsere Verkehrssituation mit Aufklärungsarbeit für den Umstieg auf das Fahrrad grundlegend verändern können. Insbesondere bei schlechtem Wetter und im Winter wird für viele Menschen das Auto das Verkehrsmittel ihrer Wahl bleiben.
Klar wurde auch, dass der Ausbau der Infrastruktur viel Platz und Ressourcen benötigt. Auch die Themen Natur- und Landschaftsschutz sind zu berücksichtigen, weshalb neue Strassen nicht überall mit Freude gesehen würden.
Ein zukunftsweisendes Projekt
Nur, wenn wir die Bedürfnisse der Zukunft möglichst gut antizipieren und die unterschiedlichen Interessen entsprechend gegeneinander abwägen, werden wir gute Lösungen erreichen können. Lösungen, die auch mehrheitsfähig sind, hielt die Infrastrukturministerin fest. Denn damit hatte MoVe.li-Präsident Karlheinz Ospelt recht: In der jüngeren Vergangenheit gab es nur für den Industriezubringer in Schaan ein Ja bei einer Abstimmung auf Landesebene.
Die Regierung hat in diesem Sommer mit dem Projekt «Raum und Mobilität 2050» mit Rückenwind aus einer Postulatsbeantwortung nun einen neuen Anlauf genommen, um langfristige Lösungsansätze für unsere Mobilitätsfragen zu erarbeiten. Der Anspruch dabei ist es, Lösungen für die Zukunft zu finden, die von einer Mehrheit unterstützt werden. Das Projekt soll kein «Papiertiger» werden.
Die Ministerin zeigt sich motiviert, die Themen anzugehen und freut sich auf Vorschläge und innovative Ansätze in den bestellten Arbeitsgruppen und aus der Bevölkerung. Sie ist überzeugt, dass Handlungsbedarf betreffend langfristiger Lösungen besteht.