Wer sich bewegen muss, ist klar
«Die Regierung wird beauftragt, die gesetzlichen Grundlagen zu schaffen, um das heute im Rahmen des Krankengeldes, gestützt auf das Gesetz über die Krankenversicherung (KVG), finanzierte Mutterschaftstaggeld (Krankengeld bei Mutterschaft gemäss KVG) und die im Rahmen der Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/1158 geplante bezahlte Vaterschaftszeit solidarisch als Familienleistungen der Familienausgleichskasse (FAK) zu finanzieren», so der Wortlaut der Motion der FBP-Fraktion, die gestern beim Parlamentsdienst eingereicht wurde.
Dazu muss gesagt werden: Mit einer Motion kann die Regierung beauftragt werden, ein Gesetz oder einen anderen Landtagsbeschluss dem Landtag zu unterbreiten. Dieser Auftrag ist verbindlich, wenn ihm das Parlament zustimmt, auch wenn die Regierung die Vorlage noch nach eigenem Gutdünken ausgestalten kann. Ausserdem muss man wissen, dass dieses Thema von den Ministern Monauni und Frick (beide FBP) schon lange bearbeitet wird bzw bearbeitet werden sollte.
Gerade, was das Thema Elternzeit bzw. Elternurlaub angeht, lief eine breite Vernehmlassung, eine gesellschaftliche Diskussion und eine Debatte im Märzlandtag. Anhand dieser Diskussion hat die Regierung bereits die Hausaufgaben erhalten, welche die Motion nun noch einmal aufgeben will. Das heisst: Auf die zweite Lesung hin sollte die Regierung diese Probleme lösen. Das kann zügig gehen, wenn man den Auftrag ernst nimmt. Die Beantwortung einer Motion kann hingegen zwei Jahre (!) gehen. Wie man gerade im Sozialbereich sieht, geht das durchaus auch einmal länger. So wartet die VU bzw. der Landtag bereits seit 2019 auf die Beantwortung der Motion für die Stärkung der Familienarbeit, die Vorsorgelücken bei Personen schliessen soll, die infolge von Familienarbeit entstehen. Und auf die Einführung eines Allg. Teils des Sozialversicherungsrechts (ATSG) warten wir sogar seit 18 Jahren. Sicher müssen vertiefte Abklärungen getroffen werden, aber erstens ist das Problem schon seit sehr langem bekannt und zweitens gibt es eine entsprechende Arbeitsgruppe, welche nächste Woche auch wieder ihre Arbeit aufnimmt.
Ein Versuch, sich wieder mit fremden Federn zu schmücken?
Das Vorgehen der FBP-Fraktion lässt nun im Wesentlichen zwei mögliche Schlüsse zu: Entweder, die FBPler reden nicht miteinander, sondern geben sich über parlamentarische Vorstösse Aufträge, oder die FBP-Fraktion versucht damit eine weitere Motion zu lancieren, um den eigenen Regierungsmitgliedern zwei weitere Jahre in diesem Dossier zu verschaffen, das in der Frage des Mutterschaftstaggeldes schon länger ungenügend bearbeitet wurde. Vielleicht gar mit einem Blick auf die Landtagswahlen 2025, wo gegebenenfalls die Ressortzuständigkeiten wechseln könnten. Bei der Frage nach der Überweisung der Motion an die Regierung dürfte also die Frage an Monauni und Frick auftauchen, ob sie die adressierten Probleme nicht mehr in dieser Legislatur lösen wollen. Und falls doch, was diese Motion denn eigentlich noch soll, wenn sie ja eh offene Türen einrennt?
Denn würde alles passen und die FBP-Fraktion vertraute der eigenen Regierunsmannschaft, wäre die Motion unnötig. Ausser es ginge der FBP – wie bei der Teuerungsanpassung beim Kindergeld – in erster Linie darum, sich mit fremden Federn zu schmücken und ein Thema zu besetzen, dessen Lösung bereits andere in Aussicht gestellt haben. Aber das wäre natürlich eine blosse parteipolitische Unterstellung. Dennoch darf festgestellt werden, dass eine Motion (lat. motio = Bewegung) die Regierung zur Bewegung veranlasst und meist dann gebraucht wird, wenn keine Bewegung vonseiten der Regierung ersichtlich ist. Und wer sich in diesem Zusammenhang bewegen muss, ist klar. (mw)