VU lädt Aktivisten zum Klima-Gespräch ein
Volksblatt: Die Jugendlichen schreiben, sie wollen mit euch «über das politisch Machbare und wirtschaftlich Ertragbare» diskutieren. Wollt ihr dieses Angebot annehmen und welchen Rahmen schlagt ihr dazu vor?
Günter Vogt: Wir freuen uns sehr, dass Jugendliche politisches Engagement an den Tag legen, um auf ihre Anliegen aufmerksam zu machen. Wir werden die „Klimaorganisation Liechtenstein“ gerne zu einem Gespräch mit einer VU-Delegation, bestehend aus Vertreterinnen und Vertretern der Jugendunion, des Präsidiums und der Fraktion, einladen und gemeinsam ausloten, mit welchen allfälligen Schritten wir beim Thema Klimaschutz weitere Fortschritte erzielen können. Optimal wäre es, wenn wir die Anliegen der verschiedenen Jugendgruppierungen, die sich mit dem Klimaschutz intensiv auseinandersetzen, bündeln könnten. So ist aktuell auch die „Liechtensteinische YPAC Delegation“ mit neun entsprechenden Postulaten auf die Parteien zugekommen.
Wie steht ihr bzw. eure Fraktion zu den Forderungen der Jugendlichen?
1. Anerkennung des Problems
• Der Klimanotstand soll ausgerufen werden, d.h. der Klimawandel soll durch eine Resolution, als das grösste zu bewältigende Problem unserer Zeit anerkannt werden und künftige Entscheidungen sollen unter Klimavorbehalt getroffen werden.
Klimanotstand stehe für die Ausserkraftsetzung des ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens und sei daher nicht adäquat, monieren die Gegner. Tatsächlich ist der Begriff Klimanotstand nicht definiert. Generell wird er wohl so verstanden, dass jede Entscheidung der Regierung den Klimaaspekt angemessen berücksichtigen soll. Der Begriff Klimanotstand bezeichnet aber nicht nur förmliche Beschlüsse, sondern als Sammelbegriff auch weitere Aktionen zur Bekämpfung des Klimawandels. Das soll sie bündeln und rechtfertigen.
Solche Bündelungen von konstruktiven Kräften erachten wir als sehr gute Aktion der Jugendlichen, um Ziele in einem wichtigen Thema zu erreichen.
2. Emissionsziele
• Liechtenstein soll die bereits vorgegebenen Ziele einschliesslich das 1.5 °C Ziel des Pariser Einkommens einhalten.
Obwohl Liechtenstein ein kleiner Emittent ist, soll und muss es einen angemessenen Beitrag zur Bekämpfung des Klimawandels leisten und die zentralen Inhalte des Übereinkommens von Paris unterstützen. Eine gemeinsame Zielsetzung des Pariser Abkommens ist, die Klimaerwärmung auf 1,5 bis 2 Grad Celsius zu begrenzen. Diesem Anliegen hat Liechtenstein bereits entsprochen und kann gezielt auf Grund der Kleinheit bestimmte Anliegen schneller durchsetzen als viele andere.
• Liechtenstein soll bis 2030 die Klimaneutralität ohne Einplanung zukünftiger Kompensationstechnologie erreichen, d. h. Liechtenstein soll nicht mehr Treibhausgasemissionen emittieren als die Natur aufnehmen kann.
Wenn ein Klimavertrag unterzeichnet wird, dann soll auch konsequent gehandelt werden und zwar zuerst im Inland. Ein primäres Ziel muss es sein, dass wir von den fossilen Brennstoffen loskommen. Dies könnte die in der Frage erwähnte Zielerreichung erheblich unterstützen, wobei die Erreichung der Klimaneutralität auch für einen Kleinstaat wie Liechtenstein bis 2030 nicht realistisch ist.
• Die Bevölkerung muss über Auswirkungen und nötige Massnahmen informiert werden.
Umfassende Informationen und der Einbezug der Bevölkerung sind absolut notwendig. Nur gemeinsame Anstrengungen führen zu guten Ergebnissen und auch zu einer nachhaltigen Haltung in dieser Frage.
3. Information und Bildung
• Mehr Transparenz und Information auf Seite der Politik in Sachen Klimaschutz, d.h. die Bevölkerung soll über Projekte für den Klimaschutz informiert werden.
Wir erfahren immer wieder, dass die Klimapolitik in Zeiten wie diesen stets aufs Neue kontrovers diskutiert wird. Die unabdingbare Voraussetzung für einen wirksamen Klimaschutz ist es, dass trotz der Abstraktion dieser Thematik zuerst einmal die wissenschaftlichen Fakten von der breiten Bevölkerung anerkannt werden. Transparenz und Information in diesem Thema sind essentiell!
• Den Klimawandel sollte man auch in Schulen thematisieren.
Wir müssen das Klima schützen – aber wie geht das? Und was geht mich das an? Das soll auch ein Thema in unseren Schulen sein. Im Rahmen der Einführung des neuen Lehrplans wird neu auch das Modul «Bildung für Nachhaltige Entwicklung» aufgenommen. Ziel ist es, die Schülerinnen und Schüler in den Bereichen Umwelt, Wirtschaft und Gesellschaft zu befähigen, unsere Zukunft nachhaltig mit zu gestalten.
Mit der Beteiligung an den Projekten“Energie- und Klimapioniere“ sowie „Energie- und Klimawerkstatt“ der Stiftung myclimate, welche die Regierung im Frühjahr 2019 beschlossen hat, werden gemeinsam mit Partnern aus der Wirtschaft und Privaten im Bereich der öffentlichen Kindergärten, der Primar- und Sekundarschulen sowie der Berufsbildung junge Menschen unterstützt, proaktiv eine nachhaltige Gesellschaft zu gestalten. Solche Initiativen sind sehr zu begrüssen, um unsere junge Generation für solche Themen zu sensibilisieren.
4. Spezielle Anliegen
• Der Individualverkehr soll umweltfreundlicher werden.
Ein absolut wichtiges Anliegen, bei dem die Meinungen weit auseinandergehen können. Wie umweltfreundlich ist E-Mobilität? Wie können wir messen, was als umweltfreundlich gilt und was nicht?
• Der öffentliche Verkehr soll ausgebaut und attraktiver werden.
Der öffentliche Verkehr hat in Sachen Umweltschutz viele Vorteile gegenüber dem motorisierten Individualverkehr. Auch hier kann Liechtenstein sehr gute Signale setzen, wenn wir wollen. Je grösser die Attraktivität des ÖV wird, desto höher wird auch das Nutzungspotential.