VU-Fraktion steht hinter der S-Bahn Liechtenstein
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete.
Im Namen der VU-Landtagsfraktion bringe ich hiermit folgende Fraktionserklärung vor:
Mit dem vorliegenden Finanzbeschluss liegt nach jahrzehntelanger Vorarbeit endlich etwas Beschlussfähiges zu diesem Thema vor uns. Es ist darum Regierungschef-Stellvertreter Daniel Risch, den Mitarbeitern aus Regierung und Verwaltung aber auch den anderen Organisationen zu danken, die an diesem Bericht und Antrag direkt und indirekt mitgewirkt haben.
Viele Inhalte dieses Berichts sind nicht vollkommen neu, weil sie bereits Teil von zahlreichen Grundlagenpapieren waren, welche sich mit dem Ausbau der Eisenbahnstrecke Feldkirch-Buchs für eine S-Bahn beschäftigten. Leider aber gab es immer wieder Stolpersteine, welche eine Realisierung dieses wichtigen Projekts verhindert haben. Mit dem Mobilitätskonzept 2030 könnte nun der Fortschritt gelingen, wenn sich hinter dem Konzept solide Mehrheiten versammeln.
Lange Zeit haben wir uns mit Grundsatzdiskussionen, vagen Vermutungen, Behauptungen und Vorurteilen herumgeschlagen, die sich um diese S-Bahn drehten. Bereits in der Vorgängerregierung war das Thema auf dem Tisch, wurde dann aber von der österreichischen Regierung wieder zurückgezogen, obwohl man sich praktisch einig war. Nun können endlich die fundierten Diskussionen auf vernünftigen und handfesten Grundlagen starten.
Vielen fehlt heute vielleicht noch die Vorstellungskraft, wie stark der Nutzen dieses Schienenverkehrsmittels ist. Denn noch – so hat man immer wieder das Gefühl – ist der Leidensdruck noch nicht so hoch, dass man gezwungen wäre, das Verkehrsmittel zu wechseln. Liechtenstein ist unbestritten ein Autoland. Und solange die Wegzeiten mit den öffentlichen Verkehrsmitteln nicht vergleichbar sind mit denen mit dem Auto, werden die Menschen weiterhin in ihr Auto sitzen und damit zur Arbeit fahren.
Doch wir werden in den nächsten Jahren und Jahrzehnten eine Änderung im Mobilitätsverhalten erleben. Viele Junge sind heute schon gewöhnter ans Busfahren als wir es zu unseren Lebzeiten jemals waren. Man sieht den Nutzen und die Stressfreiheit ein: Man muss sich bei Fahrten im öffentlichen Verkehr nicht auf die Strasse konzentrieren, kann unterwegs etwas lesen oder auf dem Handy ansehen. Gerüchten zufolge gebe es auch Jugendliche, die im Bus auf dem Weg zur Schule noch ihre Hausaufgaben fertig machen.
Die Einstellung zum öffentlichen Verkehr wird sich zunehmend verbessern. Wenn wir die Bestrebungen der Nachbarländer beobachten, den Verkehr von der Strasse und dem Individualverkehr weg hin zu Schiene und öffentlichem Verkehr zu bewegen, wird uns klarer, dass wir möglichst rasch handeln müssen, um nicht abgehängt zu werden. Hier antizipiert die Regierung Entwicklungen und betreibt Politik für die Zukunft.
Österreich investiert im Zeitraum von 2018 bis 2023 insgesamt fast 14 Milliarden Euro in den Bahnausbau. In der Schweiz wurden mit dem Programm „Zukünftige Entwicklung der Bahninfrastruktur“ (kurz ZEB) sowie den Projekten zum Anschluss der Ost- und Westschweiz an den europäischen Eisenbahn-Hochgeschwindigkeitsverkehr Projekte von über 5.4 Milliarden Franken freigegeben und im Rahmen des Ausbauschritts 2025 werden weitere Projekte im Umfang von 6.4 Milliarden Franken realisiert. Mit dem vorliegenden Verpflichtungskredit werden wir Teil eines überregional verbundenen Netzes, unsere Wirtschaft und unsere Arbeitnehmer profitieren von dieser Vernetzung und am Ende wird so auch der Druck von der Strasse genommen. Denn wenn die Pendler mit öffentlichen Verkehrsmitteln gut und schnell nach Liechtenstein gelangen, werden sie auf Bahn und Bus umsteigen und die Vorteile erkennen. Das wiederum bringt Platz auf der Strasse.
Diese Vorlage ist eine entscheidende Grundlage für die Weiterentwicklung des öffentlichen Verkehrs in Liechtenstein und damit auch für unser aller Verkehrszukunft. Der ausgehandelte Finanzierungsschlüssel zur Realisierung der S-Bahn Liechtenstein ist fair und sieht vor, dass sich Österreich bei der Bahninfrastruktur (Doppelspurausbau) massgeblich mit mehr als der Hälfte der Kosten beteiligt. So leistet Österreich beispielsweise auch für die Realisierung der Strassenunterführung in Nendeln einen Investitionskostenbeitrag von 6.7 Millionen Franken. Im Rahmen des Streckenausbaus ist vorgesehen, die bestehenden Haltestellen in Liechtenstein zu ertüchtigen, besser an die Busse und den Langsamverkehr (z.B. mit Radunterständen usw.) anzubinden und zeitgemässe Wartezonen für die Fahrgäste zu schaffen. Die Kosten für diese Haltestellen werden von Liechtenstein getragen. Die Arbeiten und Lieferungen für die neu gestalteten Haltestellen werden von Liechtenstein ausgeschrieben und nach Möglichkeit an liechtensteinische Unternehmungen vergeben, womit die Wertschöpfung in Liechtenstein bleibt. Ohne ersten Schritt gibt es keinen zweiten. Die S-Bahn Liechtenstein ist ein wichtiges Initialprojekt, damit die Ziele des Mobilitätskonzepts erreicht werden und die Option einer strassenunabhängigen Weiterführung im Oberland gewahrt bleibt.
Die Fraktion der Vaterländischen Union will den Worten aus dem letzten Landtag, in dem das Mobilitätskonzept 2030 behandelt wurde und viele Anträge mit grosser Mehrheit an die Regierung gestellt wurden, nun auch Taten folgen lassen. Jenseits von Parteipolitik und Partikularinteressen muss das Gesamtwohl des Landes im Auge behalten werden. Vor diesem Hintergrund wird die Fraktion dem Verpflichtungskredit von 66,5 Mio. Franken für die Bauinfrastruktur-, die Haltestellen- sowie die Strassenbauten für die Realisierung des Projekts S-Bahn Liechtenstein zustimmen.
Man kann geteilter Meinung sein, was die Verkehrszukunft Liechtenteins und der Rolle der S-Bahn angeht. Jedes Verständnis hört aber dort auf, wo nun – wie im «Vaterland» von gestern angedeutet – Verzögerungstaktiken angewendet werden sollen, um die S-Bahn Liechtenstein auf eine ungewisse Zukunft zu verzögern, obwohl man die Chance hat, die Projekte jetzt einer Entscheidung zuzuführen. Gerade im vergangenen Landtag hat man mit grossen Mehrheiten beschlossen, dass man Lösungen der Schaaner Verkehrsprobleme von der S-Bahn Liechtenstein unabhängig entwickelt. Eine Rolle rückwärts wäre jetzt zielgefährdend und unglaubwürdig.
Alle Analysen zeigen, dass unserem Land über kurz oder lang die S-Bahn Liechtenstein mehr Nutzen als Kosten bringen wird. Die Chancen, die damit für unsere Wirtschaft, jenen, die mit der Bahn reisen wollen und nicht zuletzt auch für die Strasse verbunden sind, sollten nicht aus Trotz oder parteipolitisch-wahlstrategischen Motiven aus der Hand geben. Deshalb stellt sich die Fraktion der Vaterländischen Union ohne Wenn und Aber hinter dieses Projekt.
Gerade auch und besonders im Wissen darum, dass für die Verkehrssituation in Schaan, Nendeln und Schaanwald von allen involvierten Stellen – Land, Gemeinden und Verkehrsplanern – gute Lösungen für die Anrainer gesucht und gefunden werden.
Besten Dank.
Fraktionssprecher Manfred Kaufmann