VU-Fraktion möchte die Familienarbeit aufwerten
von Günther Fritz, Parteipräsident
Immer mehr Menschen - vor allem Frauen - kommen im Rentenalter in finanzielle Nöte, da ihnen aufgrund der Kindererziehung Beitragsjahre fehlen. Der Landtag setzte anlässlich seiner Sitzung vom 28. Februar 2018 ein deutliches Zeichen: Einstimmig überwies er das VU-Postulat für eine finanzielle Aufwertung der Familienarbeit an die Regierung.
«Familie als Beruf» anerkennen
Damit erhielt die Regierung den Auftrag zu überprüfen, welche Möglichkeiten bestehen, für nicht oder geringfügig erwerbstätige Elternteile in Anlehnung an die betriebliche Personalvorsorge Altersguthaben in der 2. Säule aufzubauen. Finanziert werden könnte eine solche Absicherung gemäss der VU-Fraktion mittels einer Mischfinanzierung durch die Familienausgleichskasse (FAK) und den Staat. «Eine finanziell vertretbare Kostenbeteiligung durch den Staat ist ein Bekenntnis zur Gleichwertigkeit des Modells ‹Familie als Beruf›und eine Anerkennung der unbezahlten Familienarbeit», heisst es in der Begründung der VU-Postulanten. Der Vorstoss, welcher als Auftakt zum VU-Bürgerpaket eingereicht wurde und der Familienarbeit einen ökonomischen Wert geben soll, wurde vom Wirtschaftsministerium beantwortet, welches für die betriebliche Personalvorsorge zuständig ist.
Grundsätzlich ja, aber...
Dabei hält die Regierung fest, dass die vorliegende Idee einer pensionskassenähnlichen Lösung betreffend Alters- und Risikovorsorge für nicht oder geringfügig erwerbstätige Elternteile «grundsätzlich durchführbar» wäre. Es wären jedoch grundlegende Ergänzungen am heutigen System in Liechtenstein vorzunehmen, da das Konzept der betrieblichen Personalvorsorge auf dem Vorhandensein eines Arbeitsvertrags beruhe.
Organisatorische Massnahmen im Sinne von Gesetzesanpassungen wären vonnöten. Die Regierung ist der Ansicht, dass hierzu ein neues Gesetz geschaffen sowie die Versicherten an eine bestehende oder eine noch neu zu gründende Vorsorgeeinrichtung angeschlossen werden müssten. Denn nach dem gegenwärtigen Rechtsrahmen sei eine Person nur dann der betrieblichen Personalvorsorge unterstellt, wenn sie einer im Rahmen eines Anstellungsverhältnisses «bezahlten» Arbeit nachgeht.
Die Regierung geht davon aus, dass mit der im Sinne des Postulats angestrebten Vorsorgelösung die liechtensteinischen Vorsorgeeinrichtungen verpflichtet würden, für jede versicherte Person ein Alterskonto zu führen, aus welchem das obligatorische Altersguthaben ersichtlich ist. Aus dieser Schattenrechnung wären in Ergänzung zu den effektiven Leistungen gemäss Reglement einer Vorsorgeeinrichtung die gesetzlichen Mindestleistungen nach dem Gesetz über die Betriebliche Personalvorsorge ersichtlich. «Eine solche Schattenrechnung ist dem gegenwärtigen Rechtsrahmen fremd und wird bis anhin nicht geführt», führt die Regierung aus.
Lösung würde 7 Mio. kosten
Wie die Regierung in ihrer Postulatsbeantwortung ausführt, würde die Umsetzung des Anliegens der VU-Postulanten geschätzte Kosten in der Höhe von jährlich rund 7 Mio. Franken für Altersgutschriften, Risikoversicherung und Verwaltungsaufwand mit sich bringen. Sollte eine entsprechende Abkehr der ursprünglichen Leistung der FAK gemäss Idee der Postulanten angedacht werden, so legt die Regierung Wert darauf, die Wirtschaft bzw. die Arbeitgebenden miteinzubeziehen. Das VU-Postulat hält fest, dass allfällige Lösungsvorschläge nicht zu einem «Sozialleistungsexport» führen dürfen. Die vorgesehenen Leistungen müssten Familien in Liechtenstein vorbehalten bleiben. Die Möglichkeit, einen «Sozialleistungsexport» zu verhindern, besteht nach Ansicht der Regierung aktuell jedoch nicht.
Es bleibt ein soziales Anliegen
Dass sich beim Thema der Aufwertung der Familienarbeit die wirtschaftspolitische Sicht von der sozialpolitischen Sicht unterscheidet, dürfte in der Natur der Ministerien liegen. Vor diesem Hintergrund darf man gespannt auf die Reaktionen im November-Landtag sein. Das Anliegen der VU-Postulanten dürfte die Regierung auf jeden Fall über den November-Landtag hinaus beschäftigen.