Viele offene Fragen
«Prämienverbilligung: 62 Prozent stellen kein Gesuch», titelte diese Woche das «Liechtensteiner Vaterland». Tatsächlich stellen nur 38 Prozent der Berechtigten einen Antrag auf Prämienverbilligung. Die VU-Fraktion verlangte von der Regierung Zahlen rund um die Prämienverbilligung, um der gefühlten Tatsache nachzugehen, dass sich viele Menschen im Land die Krankenkassen-Beiträge nicht mehr leisten können. Die 62 Prozent, welche die Prämienverbilligung nicht beziehen, scheinen Gründe zu sein, die Grenzen so zu belassen, wie sie sind – könnte man meinen.
Um ein Sozialsystem zielgerichtet und massvoll auszurichten, braucht es allerdings mehr als bloss Zahlen. Man müsste auch den qualitativen Fakten nachgehen: Wie sehr hilft die Prämienverbilligung jenen, welche keine beziehen, im Alltag wirklich? Wie geht es jenen, die keine Prämienverbilligung beziehen und warum verzichten sie? Warum verzichten die Menschen auf Geld, das ihnen zusteht? Wollen sie nicht, dass der Staat über ihre finanziellen Verhältnisse Bescheid weiss? Schämen sie sich, einen Antrag beim Amt für Soziale Dienste einzureichen und zum Bittsteller der Staates zu werden? Ist ihnen schlicht nicht bekannt, dass diese Möglichkeit besteht? Wie ist es möglich, trotz so geringer Einkommen auch ohne Prämienverbilligung zurecht zu kommen? Solange man über die qualitativen Gründe Vermutungen anstellen muss, ist die Einführung zielgerichteter Massnahmen sehr schwierig.
Nicht umsonst forderte die VU deshalb in den vergangenen Wochen die Regierung mehrfach dazu auf, dass die wirtschaftlichen Verhältnisse der Liechtensteiner Haushalte besser beleuchtet werden muss. Das heisst nicht gleichzeitig, dass wir einen Schritt näher zum «Gläsernen Menschen» unternehmen, denn die Zahlen liegen ja vor. Das bestätigte sogar der Gesellschaftsminister. Die «Kunst» besteht nun lediglich darin, diese Zahlen zielgerichtet zusammenzuführen, um aussagekräftige Rückschlüsse über die tatsächlichen Verhältnisse zu bekommen.
Dass die Zahlen am Ende in der Excel-Tabelle aufgehen, muss nicht automatisch heissen, dass es allen im Land blendend geht: Gerade im Niedrigzins-Zeitalter ist Eigentumsbildung, Sparen oder eine dritte Säule mit einem mittleren Einkommen ohne Vermögen nicht möglich. Gerade der Mittelstand ist gefordert. Kommt bei allen Herausforderungen auch noch ein Krankheitsfall dazwischen, der seit der KVG-Revision massive Mehrkosten nach sich zieht, sind Finanzprobleme vorprogrammiert