Über die Utopie des grünen Schrumpfens
Ulrike Herrmann war im Vaterland-Interview vom 20.09. der Ansicht, dass uns aufgrund des Klimanotstandes nur noch eines übrig bleibt: grün Schrumpfen. Die Vorstellung also, dass auch die hiesige Wirtschaft «geordnet (…) um 50%» gedrosselt wird bei gleichzeitiger starker Reduktion von CO2-Emissionen. Nur so könne man dem Klimawandel entgegenwirken. In der Theorie mag Frau Herrmanns Ansatz interessant klingen, auf den ersten Blick gar überzeugend. Aber in der Theorie ist auch der Kommunismus nicht zwingend was Schlechtes – das ist doch erst einmal eine schöne Idee, dass jeder gleich ist, gleich viel hat und es keine Ungerechtigkeit gibt. Nur, der theoretische Kommunismus und der praktische Realkommunismus könnten nicht weiter auseinander liegen. Da muss man sich nur die Beispiele von Stalin, Pol Pot oder Mao ansehen.
Jetzt möchten wir Frau Herrmann nicht direkt mit dem Realkommunismus vergleichen, aber man muss schon unterscheiden, was theoretisch schlüssig klingt und praktisch wirklich umsetzbar ist. Das einzige, was passieren wird bei einer kontinuierlichen Schrumpfung der Wirtschaft, ist, dass Investoren ihr Kapital abziehen, extrem viele Arbeitsplätze verloren gehen, es allen materiell schlechter geht, der Staat seinen sozialen Verpflichtungen gegenüber den Ärmeren nicht mehr nachkommt und das wenige Geld, das dann noch da ist, wird sicher nicht für Klimaschutz eingesetzt, sondern hier wird jeder aufgrund der immer schlechter werdenden Lage nur noch auf sich schauen. Nein, langfristiges Schrumpfen mag im Hörsaal für ein paar privilegierte links-grüne Studenten nach «dem Ding» klingen. Aber für das praktische Handeln kann das keine Lösung sein.
Auch faktisch stimmt Herrmanns Annahme nicht. In Liechtenstein wurde 1990 6.95 Tonnen/Kopf emittiert. 2019 nur noch 3.9 Tonnen/Kopf, was einer Reduktion von 44% entspricht, wobei sich die Wirtschaftsleistung im gleichen Zeitraum mehr als vervierfachte (+452%). Klar, es reicht noch nicht aus, wir müssen besser werden. Aber es ist möglich, wirtschaftlich stark zu wachsen und die Emissionen deutlich zu reduzieren. Liechtenstein als kleines Land ist deshalb gut beraten, nicht auf den Zug des grünen Schrumpfens aufzusteigen. Klimamassnahmen ja. Gerne auch der Ausbau von erneuerbaren Energien, Energiekooperationen mit Ländern, die reichlich Wasserkraft und AKWs benutzen (CO2-arme Energiequellen). Aber immer auch mit dem Ziel, den Wohlstand und die Wohlfahrt dieses Landes zu mehren, wie es in Artikel 14 der Landesverfassung korrekterweise als oberste Staatsaufgabe festgehalten ist.