«Triesen hat viel mehr Potenzial»
Interview: Patrik Schädler (Liechtensteiner Vaterland)
pschaedler(at)medienhaus.li
Herzlichen Glückwunsch zur Nomination als erste Vorsteherkandidatin in Triesen. Wie fühlen Sie sich?
Daniela Wellenzohn-Erne: Sehr gut. Das grosse Vertrauen der Ortsgruppe ehrt mich und ich freue mich nun mit einem tollen Kandidatenteam auf die kommende Arbeit. Auch die bisherigen Rückmeldungen bestärken mich in meiner Entscheidung, für das Amt als Vorsteherin von Triesen zu kandidieren.
Sie treten im Wahlkampf mit Remy Kindle (FBP) und Thomas Rehak (DPL) gegen zwei Männer an. Ist das ein Nachteil oder ein Vorteil?
Weder noch. Ich kandidiere als Daniela Wellenzon-Erne mit meinen Qualifikationen, meinem Wissen und Können. Es geht um die Inhalte und es geht um den Einbezug der Bevölkerung. In diesem Punkt sehe ich mich sogar im Vorteil, da ich in den letzten vier Jahren hautnah miterlebt habe, wo der Schuh drückt.
Und wo drückt der Schuh in Triesen?
An verschiedenen Orten. Ein grosses Manko in den letzten Jahren war sicher die Kommunikation mit der Bevölkerung. Über viele Projekte wurde zu spät oder gar nicht informiert. Dies führte immer wieder dazu, dass sich die Bevölkerung übergangen oder nur oberflächlich informiert fühlte. Aber auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Gemeindeverwaltung wurde vonseiten der Führungsebene nicht immer die notwendige Wertschätzung entgegengebracht.
Warum ist die fehlende Wertschätzung der Gemeindeverwaltung ein Problem?
Die Gemeindeverwaltung kann man mit einem Unternehmen vergleichen. Und wie in jedem anderen Unternehmen auch, müss en die Mitarbeiter im Mittelpunkt stehen. Für ein gutes Betriebsklima braucht es neben klaren Leitplanken auch eine entsprechene Wertschätzung für jeden Einzelnen. Nur mit motivierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ist eine optimale Arbeit im Sinne der Bürgerinnen und Bürger möglich. Auf diesen Punkt möchte ich wieder mehr Wert legen.
Und wie möchten Sie die Kommunikation mit der Bevölkerung verbessern?
Aus meiner Sicht braucht Triesen ein Leitbild, welches mit der Bevölkerung erarbeitet wird – und nicht nur vom Gemeinderat. In diesem Leitbild sollen die Eckpunkte verankert werden, an welchen sich der Gemeinderat bei den Entscheidungen im Tagesgeschäft orientiert. Damit hat sowohl der Gemeinderat wie auch die Bevölkerung ein Kontrollinstrument. Unsere Nachbargemeinde Triesenberg hat ein solches Leitbild erarbeitet und orientiert sich bei jeder Entscheidung daran. Aus meiner Sicht eine gute Idee, welche auch in Triesen umgesetzt werden kann. Darüber hinaus muss die Gemeinde über geplante Projekte frühzeitiger informieren – und dies auch durchaus mehrmals. Dabei müssen auch die neuen Kanäle genutzt werden, damit wir möglichst viele Bürgerinnen und Bürger erreichen. Ein heiss disktutiertes Thema in Triesen sind die eingeführten Regenwassergebühren.
Wie stehen Sie dazu?
Man muss wissen, dass diese Gebühr eine gesetzliche Vorgabe ist. Somit geht es primär nicht darum, wie ich dazu stehe. Persönlich erachte ich aber das Verursacherprinzip bei Gebühren grundsätzlich als gute und faire Lösung. Im Fall der Regenwassergebühr ist es aber extrem störend, dass Triesen dem gesetzlichen Auftrag als einzige Gemeinde in Liechtenstein nachkommt. Aus diesem Grund kann ich mir gut vorstellen, dass wir die Regenwassergebühr – wie auch Vaduz – nicht weiter einziehen, bevor nicht alle anderen Gemeinden die gesetzlichen Vorgaben auch umsetzen. Es kann wirklich nicht sein, dass man in Triesen für etwas zahlt, was in anderen Gemeinden kein Thema ist.
Als Schulratspräsidentin sind Sie auch mit dem Schulwesen bestens vertraut. Wie fällt hier Ihre Bilanz aus?
Ernüchternd. Triesen ist ein Bildungsstandort mit Primar- und Sekundarstufe, einer Privatschule und einer Universität. Doch leider darf die Gemeinde vielfach nur mitzahlen, hat aber nichts zu sagen. Wir dürfen zu oft nur ausbaden, was das Schulamt entscheidet. Deshalb fordere ich mehr Autonomie für den Schulstandort. Wenn wir schon von der Bildung als einziger Ressource sprechen, dann braucht es hier mehr Dynamik und Wettbewerb. Aus diesem Grund setze ich mich auch für eine stärkere Aufgabenentflechtung zwischen Land und Gemeiden ein – nicht nur in der Bildung.
An der Nominationsversammlung haben Sie erklärt, dass sie Triesen wieder zu einem attraktiven Wirtschaftsstandort machen wollen.
Richtig. Triesen hat aus meiner Sicht auch hier mehr Potenzial, als man in den letzten Jahren abgerufen hat. Aus meiner Sicht ist es wichtig, dass der Wirtschaftsstandort breiter diversifiziert wird. Wir dürfen uns nicht weiter auf ein grosses Unternehmen verlassen. Es gibt in Liechtenstein und in der Region genügend Beispiele, wie man es besser machen kann. Dabei geht es mir nicht um Wachstum um jeden Preis. Wenn aber sowohl die Branche wie auch die Steuereinnahmen stimmen, sollten wir interessierten Unternehmen verstärkt den roten Teppich ausrollen, um Unternehmen nach Triesen zu holen oder zu halten. Wir dürfen nicht zur reinen Schlafgemeinde verkommen.
Mehr Unternehmen heisst aber meist auch mehr Verkehr?
Aus diesem Grund ist es wichtig, dass beim Industriezubringer Vaduz-Triesen endlich etwas vorwärtsgeht. Mit einer solchen Lösung werden wir für Unternehmen attraktiver und können gleichzeitig die Wohngebiete und insbesondere die Landstrasse entlasten. Ganz ohne neue Strassen werden wir die Verkehrsprobleme nicht lösen können. Deshalb werde ich beim Industriezubringer nicht locker lassen.