«Staatliche Aufgaben überprüfen»
Es lässt sich beim Blick auf die Finanzplanung eine Erkenntnis festmachen: Die «fetten Jahre» sind vorbei und wir müssen uns jetzt auf «magerere» einstellen. Für die nächsten fünf Jahre erwarten wir ein negatives betriebliches Ergebnis. Erholt sich die Börse nach dem Fall in diesem Jahr aber wieder etwas, werden diese Negativtrends durch das Finanzergebnis weiterhin aufgefangen. Durch die konservative Budgetierung besteht auch die Hoffnung, dass es nicht so schlimm wird, wie es in der Finanzplanung erwartet wird. Es wäre daher falsch, deswegen in Panik zu geraten. Der Satz «Die betrieblichen Aufwendungen können demnach nicht vollständig durch die betrieblichen Erträge gedeckt werden», muss uns aber zu denken geben.
Angesichts der getrübten Wirtschaftsaussichten ist es schwierig, auszumachen, wie realistisch die ganzen Aussichten sind. Wir haben erlebt, wie wir in den letzten Jahren in vorwiegend nicht selbstverschuldete Krisen gerutscht sind. Nach Corona bereitet uns die Finanzpolitik rund um den Euro, der Krieg in der Ukraine und die generelle Stromversorgungssituation in Europa Sorgen. Die europaweit geplante Energiewende stösst angesichts der Abhängigkeit von fossilen Energieträgern und die politisch gewollte Etablierung erneuerbarer Energien an ihre Grenzen, was sich in steigenden Preisen für die Bevölkerung niederschlägt.
Und dennoch geht es voran: Die Investitionen werden in den nächsten Jahren steigen. Besonders in die Infrastruktur wird fleissig investiert. Das ist richtig und wichtig. Und angesichts der vorhandenen Reserven ist es auch gut, dass man für Zukunftsprojekte weiter Geld in die Hand nimmt. Es handelt sich hier um grössere Einmalinvestitionen mit vergleichsweise weniger stark steigenden laufenden Kosten.
Allerdings müssen wir uns künftig umso mehr Gedanken darüber machen, wie wir uns in Sachen laufende Kosten verhalten. Das Ziel eines ausgeglichenen Staatshaushalts soll weiterhin bestehen bleiben. Die laufenden Kosten auszuweiten, ohne dabei die Einnahmen im Blick zu haben, kann schnell zu einem langfristigen Negativtrend führen. Wir erinnern uns nur allzu gut noch an die Sparmassnahmen, die deswegen vor ca. 10 Jahren vollzogen wurden. Wir müssen es unbedingt vermeiden, wieder in diese Ausgabenfalle zu geraten.
«Unsere finanzielle Unabhängigkeit und Handlungsfähigkeit bewahren wir durch einen weitsichtigen und haushälterischen Umgang mit den Staatsfinanzen. Dazu gehören die Überprüfung der staatlichen Aufgaben, die Sicherung der Einnahmequellen sowie zukunftsgerichtete Investitionen für die Menschen in Liechtenstein.» Diese wichtigen Sätze standen so im Wahlprogramm der Vaterländischen Union 2021. Und zu diesen Aussagen stehen wir damals wie heute. Sie haben nichts an ihrer Richtigkeit verloren.
Gerade bei dieser Entwicklung möchten wir die Regierung auffordern, auch die staatlichen Aufgaben auf ihre Notwendigkeiten hin zu untersuchen. Wenn man jetzt Gegensteuer gibt, muss man – falls die Aussichten doch besser sind als die Realität – nicht so einschneidende Massnahmen in die Wege leiten, damit wir der Bevölkerung wieder schmerzhafte Sparpakete schnüren müssen.
Wir befinden uns zum Glück in einer Situation, in der wir noch handlungsfähig sind. Es herrscht kein Grund zur Panik. Aber einige Herausforderungen werden uns noch lange beschäftigen: Hier ist sicher die Sicherung der Sozialwerke aufgrund des demografischen Wandels zu nennen. Um für diese Vorhaben genügend Geld zu haben, müssen wir ausgaben- und einnahmenseitig sehr gut aufpassen, damit uns diese Kosten nicht irgendwann auf die Füsse fallen.
Bei der Veranstaltung «Zeit für Liechtenstein» am 19. Oktober 2022 haben wir sehr gut gesehen, dass die Einnahmequellen des Staates begrenzt sind, während die Ausgabenbereiche vielfältiger ausfallen. Genau dort, wo ein Wachstum des Staates stattfindet, hat der Staat selbst wohl am meisten Einfluss auf das Ergebnis. Natürlich bestehen internationale Verpflichtungen, welche auch die Bürokratie benötigen. Allerdings muss man künftig verstärkt ein Auge auf die Kosten werfen. Mit einer Reduktion der neuen Stellen hat die Regierung darauf bereits reagiert.