Probleme anpacken statt aussitzen
Herr Konrad, in einem kürzlich versandten Flyer fordert die VU Vaduz eine «Sozial- und Gesundheitskommission». Ist klare Politik nicht etwas mehr, als Kommissionen zu fordern, die in den letzten Jahren abgeschafft wurden? Müssten da nicht konkrete Ziele her?
Frank Konrad: Bevor wir in Aktionismus verfallen, müssen wir den Ursachen auf den Grund gehen, damit wir zielgerichtet handeln können. Die Transferleistungen im Sozialbereich steigen seit 2012 jährlich um ca. 5 Prozent. Seither haben die Sozialhilfebezüger um ein Drittel zugenommen. Warum ist das so? Wie kann man da dagegensteuern und den Menschen helfen, dass sie gar keine Transferleistungen mehr brauchen? Gemeinden bezahlen – ohne mitreden zu können – 50 Prozent der Sozialkosten. Das Amt für Soziale Dienste macht gute Arbeit, ist personell und strukturell aber nicht darauf ausgelegt, die Betreuung der Bezüger vollumfänglich zu übernehmen. Ich will in Vaduz wissen, welche Schrauben ich drehen muss, damit diese Kosten nicht weiter exorbitant steigen. Vielleicht gibt es hier auch Probleme, deren Ursachen nicht nur mit Geld bekämpft werden können. Solchen Fragestellungen kann eine Kommission mit Experten nachgehen und Antworten finden.
Es ist im Flyer von einem Familienzentrum die Rede. Was soll das bringen?
In einem Familienzentrum werden bestehende und neue Angebote an einem gut erreichbaren Ort gebündelt, Eltern mit Kindern Unterstützung angeboten, und es kann ein generationenübergreifender Treffpunkt sein. Ein Beispiel: Kinder bis 5 Jahre können kurzzeitig zur Betreuung gebracht werden, wenn die Mutter einen Arzttermin hat. Das Kind kann sich dort mit anderen Kindern beschäftigen. Gerade bei Migrantenkindern kann das helfen, die Sprachkompetenz und damit die Integration zu verbessern. Es gibt einige Organisationen, die dasselbe Ziel haben. Wir wollen hier Hand bieten, dass sich diese besser vernetzen können. Die Kommission kann dann Massnahmen erarbeiten, wie die Gemeinde helfen könnte. Andere Angebote wie Spielgruppen, Kitas etc. wollen wir damit nicht konkurrenzieren, sondern ergänzende Möglichkeiten anbieten, damit die Familien Wahlmöglichkeiten haben.
Welche Probleme gibt es in der Gesundheitsversorgung?
Pro 1000 Einwohner sollte ein Hausarzt vorhanden sein, wenn wir von den OECD-Standards ausgehen. Wir haben in Vaduz bei knapp 6000 Einwohnern gerade einmal zwei bis 3 Hausärzte. Klar sind Menschen mobil und können auch in Nachbargemeinden zum Arzt gehen. Aber das Problem ist tiefer verwurzelt. 2016 hat man den Gemeinderat von Vaduz – aber auch andere Gemeinden – vor einem Hausärztemangel gewarnt. Zwei Drittel dieser Ärzte sind 58 Jahre alt oder noch älter und zu grossen Teilen leisten sie kein Vollpensum mehr. Das ist ein grundsätzliches Problem. Und ich frage mich: Was wurde seither unternommen? Warum hat man nicht mehr Hausärzte in Vaduz? Muss man an Bedarfsplanung schrauben? Solche Fragen muss der Bürgermeister beantworten können. Dieses Problem müssen wir unverzüglich mit dem Gemeinderat anpacken und Lösungen aufzeigen.
Wie?
Die Bedarfsplanung muss auf diese Problematik verstärkt eingehen und Teilzeitstellen müssen attraktiver werden. Wir müssen die jungen Ärzte ansprechen und motivieren, bei uns tätig zu sein. Die Politik muss die Rahmenbedingungen schaffen, dass die Tätigkeit als Grundversorger wieder attraktiv wird.
A propos Grundversorgung: Wie stehen Sie zum Landesspital und was erwarten Sie sich von dieser Diskussion?
Der Gesundheitsminister wird in Kürze einen Bericht und Antrag mit den verschiedenen Szenarien im Landtag präsentieren. Für mich gehört das Landesspital nach Vaduz. Sollte der Landtag mehrheitlich entscheiden, dass das Landesspital nach Bendern gehen soll, können die rund 13 Millionen Franken gemäss dem Angebot der Gemeinde Vaduz aus der Stiftung Spitalbaufonds nicht eingesetzt werden. Das Geld steht nur bei Lösungen in Vaduz zur Verfügung.
Welche weiteren Schwerpunkte hat die VU Vaduz gesetzt?
In den nächsten Wochen werden wir der Bevölkerung unsere Inhalte mit Flyern präsentieren. Wir freuen uns auf die Rückmeldungen und den Dialog mit den Interessierten. Mein Team ist motiviert, unser Vaduz wieder vorwärts zu bringen.