Petra Miescher: «Ich bin bereit, diese Aufgabe für Vaduz zu übernehmen!»
Endlich ist in Vaduz die Katze aus dem Sack: Du wirst für das Amt der Bürgermeisterin kandidieren. Warum?
Petra Miescher: Der Umgang mit Menschen in unterschiedlichsten Lebenslagen, mit ihren Freuden und mit ihren Sorgen, macht mir Spass. Ich höre gerne zu. Als Gemeinderätin erhielt ich vertiefte Einblicke in die Anforderungen, welche an das Bürgermeisteramt gestellt werden und ich denke, dass ich das Rüstzeug mitbringe, dieses Amt für das Wohl der Bevölkerung auszufüllen. Mit meiner Art will ich frischen Wind ins Rathaus bringen. Es braucht nun mutige und zukunftsweisende Entscheidungen, damit Vaduz auch in Zukunft ein attraktiver Wohn- und Arbeitsort bleibt.
In den vergangenen vier Jahren warst du Fraktionssprecherin im Gemeinderat. Was ist dir dabei aufgefallen?
Wir sind eine engagierte Fraktion, die konkrete Anliegen der Bevölkerung zur Diskussion dem Gemeinderat vorlegte, aber leider oft ausgebremst wurde. Für mich ist das symptomatisch dafür, dass sich in Vaduz zu wenig bewegt. Und auf diese offensichtliche Trägheit wurde ich aus der Bevölkerung immer wieder angesprochen. Als Bürgermeisterin will ich diese Trägheit überwinden und endlich etwas vorwärtsbewegen.
Wo ortest du die grössten politischen Baustellen?
Die Gemeinde Vaduz hat in den vergangenen Jahren viele strategische Entscheide getroffen und Konzepte entwickelt, zum Beispiel die «Strategie Zentrumsentwicklung Vaduz» und das «Räumliche Konzept Vaduz». Diese wegweisenden Vorgaben gilt es nun, mit konkreten Projekten umzusetzen. Dafür ist Mut zu Entscheidungen notwendig. Ich vermisse den Schritt zur Umsetzung von Projekten, die einst mit der Bevölkerung erarbeitet wurden. Ein weiterer Punkt ist die Information seitens der Gemeinde. Diese muss transparenter werden. Ein Antrag einer überparteilichen Arbeitsgruppe im Gemeinderat wurde zu Beginn dieser Legislatur abgelehnt, was ich nicht nachvollziehen kann
Wie möchtest du das ändern?
Die Bürgermeisterin ist Mitglied des Gemeinderates und hat aus dem operativen Geschäft und als Vorsitzende immer einen Informationsvorsprung. Daraus resultiert eine relativ grosse Machtfülle, mit der man sehr viel steuern kann. Sei dies im Gemeinderat oder in der Kommunikation nach aussen. Ich arbeite sehr lösungsorientiert und versuche, tragfähige Ideen in die Entscheidungsfindung einfliessen zu lassen. Ich bin überzeugt, dass mit einer wertschätzenden Haltung und einer offenen Kommunikation einvernehmliche Lösungen gefunden werden können.
Hast du dafür ein Beispiel?
Die Zukunft des Landgasthofs Mühle beschäftigt den Gemeinderat bereits seit Beginn dieser Legislaturperiode. Wenn ein prominenter Vaduzer Gastronomiebetrieb während der Sanierung seiner Immobilie temporär ins Unterland ziehen muss, obwohl man eine entsprechende, ungenutzte Infrastruktur in Vaduz hätte, hat man es meines Erachtens verpasst, gemeinsam eine konstruktive Lösung zu finden. Auch der Stillstand rund um die Zukunft der Zentrumsentwicklung ist unbefriedigend. Es geht in erster Linie um eine gemeinsame Lösungsfindung. Da werden Chancen verpasst, weil zu lange nichts vorwärtsgeht. Nur entscheidungsfreudige Vorsitzende können etwas bewegen. Aussitzen ist zwar auch eine mögliche Strategie – aber nicht meine.
Du willst also vorwärtsmachen und in Lösungen statt in Problemen denken?
So ist es. Ich bin ein positiv eingestellter Mensch, kann gut auf andere zugehen. Ich habe mit meinem beruflichen Hintergrund sehr gut gelernt, mit Krisen umzugehen und auch in schwierigen Situationen einen klaren Kopf zu bewahren. Am besten kommt man aus einer Krise heraus, wenn man in jeder Situation die Chancen sehen will. Wer mit Menschen umgehen kann, wenn alle Zeichen auf Sturm stehen, kann dies umso besser. Auch wenn die Sonne scheint. So werde ich die Herausforderungen angehen. Wenn man als Gemeinde nicht aktiv gestaltet, wird man zu einer Gemeinde der verpassten Chancen. Ich bin der Überzeugung, dass Vaduz mehr kann, als es derzeit zeigt.
Konzepte wurden ja bereits erarbeitet. Wo liegt denn das Problem, dass sie nicht umgesetzt werden?
Konzepte allein bringen uns nicht weiter. Es nützt das beste Strategiepapier nichts, wenn es nicht auch mit Leben gefüllt wird. Leben kommt nicht von Konzepten, sondern von unseren Einwohnerinnen und Einwohnern. Wenn man ihnen zuhört, weiss man bald, wie sie sich die Zukunft der Gemeinde vorstellen. Wir müssen auch die Dienstleistungsbetriebe, die Gastronomie und das Gewerbe in zukunftsweisende Entscheidungsprozesse miteinzubinden. Unter diesen Voraussetzungen können politische Entscheide getroffen werden, die von einer Mehrheit getragen werden.
Apropos zuhören: Zur Totalsperre des Rheindamms gab es eine Volksabstimmung mit dem Resultat einer Kompromisslösung. Auch du hast dich stark gegen diese Sperre eingesetzt.
Man wollte alternativlos mit der Brechstange erreichen, was die Mehrheit der Bevölkerung klar ablehnte. Ich habe mich deutlich für ein Ja zu einer guten Lösung für alle Verkehrsteilnehmenden eingesetzt. Die gewünschte Mobilitätswende kann nur mit attraktiven Alternativen erreicht werden.
In Vaduz ist ein Wahlkampf meist besonders konfrontativ. Wie bist du darauf eingestellt?
Ich freue mich darauf, noch gezielter mit den Menschen in den Dialog zu treten. Jedes Gespräch wird dazu beitragen, dass wir gemeinsame Wege finden. Ich werde keiner Konfrontation ausweichen, sehe aber einen Wahlkampf eher als einen Wettbewerb der besseren Ideen als einen Kampf zwischen Personen. In meiner Funktion als Gemeinderätin und Fraktionssprecherin hatte ich in dieser Legislatur die Möglichkeit, meine Haltung, meine Schwerpunkte und meine Persönlichkeit in Vaduz und über die Gemeindegrenzen hinaus aktiv, offen und konstruktiv einzubringen. Das werde ich auch im Wahlkampf tun.
Du wärst die erste Frau, die als Bürgermeisterin ins Rathaus einziehen würde, und könntest damit Geschichte schreiben. Wie stark siehst du diesen Faktor?
Dass ich die erste Frau in diesem Amt wäre, ist bestimmt ein positives Signal. Das Geschlecht steht beim Bürgermeisteramt meines Erachtens aber nicht im Zentrum. Wichtig ist ein ausgewogenes Verhältnis im Gemeinderat und eine Person im Bürgermeisteramt, die sich mit Empathie um unsere Gemeinde, ihre Einwohnerinnen und Einwohner und alle weiteren Anspruchsgruppen kümmert – und vor allem das grosse Potenzial nutzt, das wir zur Verfügung haben.
Die Erfahrung zeigt, dass es nicht einfach ist, engagierte Persönlichkeiten für ein politisches Mandat zu rekrutieren. Die Ortsgruppe riskiert mit deiner Kandidatur, dich im Gemeinderat zu verlieren.
Dieser Aspekt stand auch parteiintern sehr früh zur Diskussion. Es gibt auch die Möglichkeit einer Doppelkandidatur. Das heisst, dass ich mich neben dem Bürgermeisteramt auch für den Gemeinderat zur Verfügung stellen kann. Ich sehe mich als Volksvertreterin. Daher bin ich bereit, gleichzeitig auch als Gemeinderatskandidatin zu kandidieren. Diese Entscheidung wird die Ortsgruppe mit der definitiven Zusammenstellung des Gemeinderatsteams zu einem späteren Zeitpunkt treffen.