Nichterscheinen des ehemaligen Ruggeller Pfarrers: Wo bleibt die Rücksicht auf das Kind?
Der ehemalige Ruggeller Pfarrer hätte sich kürzlich dem Vorwurf des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen vor dem liechtensteinischen Kriminalgericht stellen müssen. Jedoch konnte nach der geltenden Gesetzeslage aufgrund seines Fernbleibens die Verhandlung nicht durchgeführt werden und wurde vertagt. Es vergeht wieder Zeit, was für das Opfer und dessen Familie bestimmt schwierig und unverständlich ist. Auch wurde von der zuständigen Staatsanwaltschaft in Deutschland der Gerichtsakt von Liechtenstein angefordert, wodurch eine Verfahrensübernahme durch Deutschland nicht auszuschliessen ist, da es sich um einen deutschen Staatsbürger handelt. Dadurch müsste er sich statt in Vaduz vor einem deutschen Gericht verantworten. Wo bleibt hier die Rücksicht auf das betroffene Mädchen? Muss die Familie aus Liechtenstein somit die Reise nach Deutschland antreten, um dort über den Fall auszusagen, welcher allenfalls nach deutschem Recht beurteilt wird? Das Strafmass in Deutschland ist ein anderes.
Meiner Ansicht nach kann mit diesem Vorgehen, also mit einer solchen Zuständigkeitsverlagerung, das Strafverfahren im Inland praktisch abgewürgt oder zumindest einer zeitlichen Verzögerung zugeführt werden. Es ist auch nicht richtig, wenn der an den Tatort anknüpfende Strafgerichtsstand, welcher im gegenständlichen Fall klar in Liechtenstein liegt, so praktisch zum Spielball der beschuldigten Person wird. Durch einen solchen Wechsel der strafgerichtlichen Zuständigkeit an den ausserstaatlichen Wohnort des Beschuldigten infolge Fernbleibens resultiert eine klare Verschlechterung der Rechtsstellung des mutmasslichen Opfers. Zudem ist in einem solchen Fall wohl mit einer spürbaren Erhöhung der mit dem Strafprozess verbundenen finanziellen Kosten und weiteren faktischen Aufwendungen zu rechnen. Meines Erachtens gilt es eine solche Vorgehensoption in Bezug auf die strafgerichtliche Zuständigkeit durch entsprechende Gesetzesanpassungen in der Strafprozessordnung konsequent zu unterbinden. Der Gesetzgeber ist daher meines Erachtens gefordert, die Strafprozessordnung bspw. so anzupassen, dass bei einer Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren auch trotz Abwesenheit des Beschuldigten ein Urteilsspruch durch das Strafgericht gefällt werden kann, damit zukünftig eine Verlagerung des Verfahrens in eine andere Jurisdiktion nicht ohne weiteres erfolgen kann. Selbstverständlich wäre eine solche gesetzliche Anpassung vorgängig juristisch zu überprüfen. Bei Geldwäschereidelikten erfolgte diese Anpassung jedoch bereits. Für mich gilt es, dem Opferschutz höchste Priorität zukommen zu lassen; gerade in Fällen von mutmasslichem Kindesmissbrauch!