«Mit Beleidigungen wird man wohl leben müssen»
Gewaltandrohungen gegen Politiker, Verwaltungsmitarbeiter oder andere Exponenten des öffentlichen Lebens sind leider auch in Liechtenstein Realität. Und dies nicht erst seit der Corona-Pandemie, sondern wohl schon seit Menschengedenken. Davon zeugen uralte Quellen der Rechtsprechung. Lediglich die Kanäle, auf welchen solche Drohungen transportiert werden, haben sich verändert, und spätestens mit den elektronischen und neu auch den sozialen Medien sind weitere Dämme gebrochen und es entsteht leicht der Eindruck, dass es noch nie so schlimm war. Wohl beinahe jeder, der einmal in einer exponierten Funktion gearbeitet hat, kann ein Lied von diesen unschönen Begleiterscheinungen singen. Auch in Liechtenstein haben Gewaltandrohungen oder Angst vor dem Gewaltpotential bestimmter Personen schon zu Personenschutz von betroffenen Politikern und deren Familien geführt. Das ist klar nicht akzeptabel. Mit Beleidigungen aber, auch deftigen Beschimpfungen, wird man wohl leben müssen, und wer Verantwortung übernimmt, muss sich auch auf solche Konsequenzen einstellen. Gelassenheit ist dabei oft die bessere Antwort als eine Strafanzeige.
Besonders wenn Menschen durch Extremsituationen in Stress geraten, oder aufgrund von psychischen Störungen die Grenzen des Akzeptablen nicht mehr erkennen, tritt das Phänomen der Artikulation von Beleidigungen oder Gewaltandrohungen verstärkt auf. Als Gesellschaft sind wir gefordert, solchen Phänomenen entschieden entgegenzutreten, auch auf die Gefahr hin, dass die Verursacher noch aggressiver reagieren. Denn die stillschweigende Duldung von massiven Grenzüberschreitungen senkt die Hemmschwelle weiter.