Liechtenstein soll katholisch bleiben
von Gunilla Marxer-Kranz, Landtagsvizepräsidentin
Die römisch-katholische Kirche hat in Liechtenstein eine lange und tief verwurzelte Tradition, die das kulturelle und gesellschaftliche Leben des Landes massgeblich geprägt hat. Seit Jahrhunderten ist sie ein integraler Bestandteil der liechtensteinischen Geschichte und Kultur. Auch leistet die römisch-katholische Kirche einen bedeutenden Beitrag zum sozialen Gefüge Liechtensteins. Sie engagiert sich in der Bildung, der Wohlfahrt und im karitativen Bereich und unterstützt so das Gemeinwohl.
Die Beibehaltung des Landeskirchenstatus ermöglicht es der Kirche, diese wichtige soziale Arbeit fortzuführen und zu stärken. Ich spreche mich daher explizit für den Verbleib der römisch-katholischen Kirche als Landeskirche in der Verfassung aus.
Im April dieses Jahres, anlässlich der Behandlung zur Schaffung eines Religionsgemeinschaftengesetzes, wurde mir damals im Landtag vorgeworfen, dass ich meine katholischen Wurzeln verrate, wenn ich der Behandlung des Religionsgemeinschaftengesetzes zustimme. Ich habe diesen Abgeordneten damals explizit widersprochen und meine Zustimmung zur Behandlung damit begründet, dass am Stuhl der katholischen Kirche gesägt werde, solange man mit der Behandlung zuwarte. Ich sollte recht behalten, denn die Freie Liste reichte sogleich eine Parlamentarische Initiative ein, die das bestätigen sollte. Meines Erachtens wäre mit dieser Initiative zudem in den üblichen Gesetzgebungsprozess eingegriffen worden, indem man einen solchen Vorstoss zwischen einer ersten und einer zweiten Lesung einbringt.
Ich bin der Meinung, dass andere Glaubensgemeinschaften auch anerkannt werden sollen. Es ist gut, dass Menschen ein spirituelles Fundament haben und Halt bekommen können. Dafür sind die Weltreligionen da. Eine Gleichstellung mit der katholischen Landeskirche kommt für mich aber nicht in Frage, weil sich in gewissen Religionen – und zumindest den praktischen Ausprägungen von ihnen – oft die Werte nicht mit unserer liberalen Demokratie verträglich sind. Während das Christentum beispielsweise eine Reformation durchgemacht hat, warten wir bei anderen Religionen noch darauf, dass eine Abstimmung mit unseren Werten stattfindet. Ich anerkenne die Bestrebungen einiger Gruppen in unserem Land in Richtung Integration, ich stelle in der Praxis aber fest, dass es Ablehnung gegenüber der Integration gibt. Dass das gefährlich sein kann, zeigen Beispiele aus anderen deutschsprachigen Ländern, die ich an dieser Stelle gar nicht alle aufzählen will. Jedenfalls ist gegen Radikalisierung aller Art aktiv vorzugehen.
Toleranz ist keine Einbahnstrasse
Die Initianten sprechen von Werten wie Menschenrechte, Toleranz und Gleichberechtigung, welche unsere Verfassung widerspiegeln soll. Da stelle ich mir aber berechtigterweise die Frage, was denn mit Religionsgemeinschaften ist, welche genau diese Werte eben nicht anerkennen? Was ist mit der Toleranz gegenüber jenen, die der römisch-katholischen Kirche angehören und die ihnen vermittelten Werte leben wollen? Für sie sind womöglich zeitgeistige Strömungen nicht die Standards der Gesellschaft, in der sie leben wollen. Auch das gilt es zu akzeptieren und zu tolerieren. Diese Toleranz stelle ich, gerade vonseiten der Initianten und deren Sympathisanten, leider nicht fest.
Die Initianten verlangen von uns bzw. unserer Verfassung, diese Rechte zu berücksichtigen. Im Gegenzug aber wollen sie Religionsgemeinschaften, welche diese Werte eben gerade nicht leben und anerkennen, unserer römisch-katholischen Kirche gleichstellen. Damit habe ich doch so meine Mühe. Länder unterscheiden sich eben gerade durch unterschiedliche Sprachen, unterschiedliche Kulturen und eben auch unterschiedliche (Landes-)Religionen. So soll und kann es meiner Ansicht nach auch bleiben. Liechtenstein darf ein katholisches Land sein.
Missbrauch überall verhindern!
An dieser Stelle möchte ich noch kurz einen Gedanken zum Aspekt der Prävention von Missbrauch in Religionsgemeinschaften jeglicher Art loswerden, welche die Initianten berechtigterweise auch ansprechen. Dieses Thema ist immens wichtig und es ist auch absolut richtig, dagegen vorzugehen. Ich denke aber, der konsequentere Weg wäre es, ein solches Schutzkonzept nicht nur bei Glaubensgemeinschaften zu verlangen, sondern es gilt ein solches Schutzkonzept zur Prävention von Missbrauch allumfassend, für Sportverbände, für Schulen usw, vielleicht sogar in einem eigens dafür geschaffenen Gesetz, einzuführen. Ich weiss, dass zum Beispiel Sportvereine hier immer wieder Kurse zur Sensibilisierung durchführen. Gegen solche sinnvollen Verpflichtungen wird es meines Erachtens kaum Widerstände geben. Denn von unserer Verfassung ist ein solches Schutzkonzept in jedem Fall gedeckt.
Mit der Bestrebung, alle Glaubensgemeinschaften gleichzusetzen, droht eine neue Verfassungsdiskussion, die unser aktuell stark beanspruchtes gesellschaftliches Klima noch mehr vergiften würde. Das ist nicht nur gefährlich, sondern auch vollkommen unnötig.