Leistungen empfängergerecht adressieren
Bislang nützen weniger als 45 Prozent der Bezugsberechtigten diese Möglichkeit. Für viele Bezugsberechtigte ist wohl der Gang zum Amt für Soziale Dienste (ASD) die grösste Hürde, um einen Antrag zu stellen. Ob unbegründet oder nicht: Mit dem Gang zum ASD - so glauben viele - geht eine Stigmatisierung einher. Zudem wurde der Zugang zu den notwendigen Formularen zusätzlich erhöht: Bisher konnte man auf der Gemeinde ein Formular beziehen und dann ausfüllen. In diesem Jahr war das nur noch online möglich.
Automatisierung wäre einfach
Zur Überprüfung des Bezugs der Prämienverbilligung werden die Steuerdaten herangezogen. Würde man nun in der Steuererklärung ein zusätzliches Feld einführen, wäre für Bezugsberechtigte eine wichtige Hürde abgebaut. Zum Beispiel könnte mit einem Feld «Prüfung Prämienverbilligung? Ja/Nein» könnten alle natürlichen Personen mit dem Haken bei «Ja» automatisch eine Prüfung ihrer Situation anregen. Sollte ein solcher Prozess aus gesetzlichen Gründen nicht möglich sein, wäre es für die Postulanten ein ebenfalls zielgerichteter Weg, der Steuererklärung jährlich ein Merkblatt und Antragsformular zur Prämienverbilligung beizulegen, in dem auf diese Sozialleistung hingewiesen wird.
Uns ist sonnenklar: die Kostensteigerung des demografischen Wandels und des technischen Fortschritts kann in Zukunft nicht allein auf dem Buckel der restlichen Prämienzahler abgewälzt werden. Die Bürger leisten bereits jetzt, mit der Kostenbeteiligung (Franchise und Selbstbehalt) einen beachtlichen Anteil. Nichtsdestotrotz hat es jeder verdient, in Würde und Lebensqualität zu leben.
Vier wichtige Eckpfeiler
Daher stützt sich unser Postulat im Sinne einer nachhaltigen Unterstützung auf vier erfolgversprechende Eckpfeiler:
1. Mit diesem Postulat wollen wir kein Sponsoring betreiben, sondern nehmen unsere soziale Verantwortung für die wirklich Bedürftigen wahr. Die Prämienverbilligung wirkt für Rentner,
Alleinerziehende, Working Poor-Haushalte und junge Familien, welche nicht über eine genügende finanzielle Leistungsfähigkeit
verfügen.
2. Die vielzitierte relative Armut in unserem Land, soll kein Schicksal sein , sondern kann durch eine gezielte individuelle Rezeptur behandelt werden. Nicht alle Leistungen wirken gezielt individuell (bedarfs- und einkommensabhängig), sondern nur ein Teil. Dabei kann beispielsweise an die wirtschaftliche Sozialhilfe, Ergänzungsleistungen, Stipendien oder die hier behandelte Prämienverbilligung gedacht werden.
3. Dem Individuum Eigen- und Mitverantwortung für sein Handeln zu übertragen, ist grundsätzlich richtig. Wo diese nicht aus eigenen Mitteln wahrgenommen werden kann, sollte jedoch der Staat adäquat aushelfen, indem er eine Hilfe zur Selbsthilfe ermöglicht. Es darf nicht ausgeblendet werden, dass vermutlich gewisse notwendige Behandlungen, welche aus medizinischer Sicht notwendig wären, aus finanziellen Gründen nicht in Anspruch genommen, verschleppt und sogar verschlimmert werden.
4. Eine versicherte Person kann wegen nicht bezahlter Prämien in einen Teufelskreis geraten, aus dem sie selbst nur noch schwer herauskommt. Die von der VU lancierte Prämienverbilligung für kleine Löhne/Renten kann in diesem Bereich ein gewisser Rettungsanker sein.
Auf Fakten basiert handeln
Hinzu kommt, dass ein Mangel an finanzieller Leistungsfähigkeit unterschiedliche Bereiche tangiert wie die Bildung, die gesellschaftliche Teilhabe und eben die Gesundheit. Eine nachhaltige Lösung sehe ich in einem frühzeitigen Erkennen von Ursachen sowie einer gemeinsamen Hilfe zur Selbsthilfe. Für zielführende individuelle Initiativen braucht es allerdings Zahlen, Daten und Fakten. Eine damit hergehende Aufgabe ist es, auch zu untersuchen, wo Gelder unberechtigt und nicht gesetzeskonform konsumiert werden. Deshalb fordern wir seit langem einen Armutsbericht. Weder verdrängte Probleme noch schönfärberische eloquente Leistungsausweise, keine Schwarzmalerei und am allerwenigsten Realitätsferne werden uns dabei weiterhelfen.
Durch konsequentes und effizientes Handeln im Jetzt gelingt es uns, auch künftige Generationen der unterstützten Personen vor Armut zu bewahren. Kummer und Sorgen bereiten mir diejenigen, welche aus Scham, übertriebener Genügsamkeit oder aus Furcht von Reaktionen auf Hilfe verzichten.
«Zemma» Zuversicht schaffen
Die Regierung wird deshalb gebeten, geeignete Massnahmen zu treffen, um die Hemmschwelle für den Bezug von Prämienverbilligung zu senken. Insbesondere soll der Steuererklärung ein entsprechendes Formular beigelegt werden oder nach Möglichkeit ein Mechanismus zwischen Steuerverwaltung, ASD und Krankenkassen geschaffen werden, der niederschwelligen Zugang zu dieser Sozialleistung garantiert.
Lasst uns «zemma» Sorge dafür tragen, dass sich niemand ungewollt abgehängt fühlt und alle zuversichtlich in eine positive sowie erfolgreiche Zukunft mit Mehrwert blicken können.