Konzertbestuhlung oder Festzeltatmosphäre an Parteitagen?
Die in den verschiedenen Medien erschienenen Bilder von Veranstaltungen der letzten Tage, darunter auch vom VU-Parteitag in Triesen oder vom FBP-Parteitag in Eschen, haben Fragen zu den Schutzkonzepten aufgeworfen. Die Vaterländische Union hat als erste Partei in Liechtenstein eine Mitgliederversammlung im Zeichen von Corona durchgeführt. Selbstverständlich wurde dafür ein entsprechendes Schutzkonzept arbeitet und auch umgesetzt.
Die Vaterländische Union hat sich entgegen der über viele Jahre praktizierten Festbestuhlung und dem Verzehr von Getränken und Speisen an Tischen für eine klassische Konzertbestuhlung für den Parteitag entschieden. Dies in Ergänzung zu den Hygieneregeln, dem Angebot von Nasen-Schutz-Masken beim Eingang, der Registrierung aller teilnehmenden Parteimitglieder für ein allfälliges Kontakt-Tracing und den Vorschriften für einen geordneten Einlass der Gäste. Unter Einhaltung der Abstandsregeln während des Parteitags wäre bei 380 Sitzplätzen so eine maximale Teilnehmerzahl von 200 erlaubt gewesen. Alle Teilnehmenden wurden beim Einlass in den Gemeindesaal auf grossen Informationstafeln darauf hingewiesen, dass zwischen zusammengehörenden Gruppen mindestens ein Stuhl freigelassen werden muss. Als zusammengehörend gelten Gruppen von 2 bis 4 Personen.
Selbstkritisch nach vorne blicken
Jedes noch so gute Schutzkonzept birgt aber auch die Gefahr, dass es nicht zu 100 Prozent umgesetzt wird. Vom Regierungsteam, von den Landtagsabgeordneten und von vielen Teilnehmern wurden diese Abstandsregeln für die Konzertbestuhlung vorbildlich eingehalten. Es wurde aber an verschiedenen Stellen Möglichkeiten entdeckt, um bei weiteren Veranstaltungen die Corona-Massnahmen noch besser umzusetzen. Die Sicherheit und eine minimale Ansteckungsgefahr aller Teilnehmenden sind für uns sehr wichtig.
Abstandsregeln als Wahlkampfthema?
FBP-Präsident Marcus Vogt kamen die Bilder vom VU-Parteitag offenbar gerade recht, um das Ausmass der Einhaltung der Abstandsregeln zum Wahlkampfthema hochzustilisieren. So wird im «Volksblatt»-Kommentar von Hannes Matt zur Berichterstattung über den FBP-Parteitag über die VU hergezogen und behauptet, dass sich der Parteitag der FBP «doch relativ klar» von dem der VU unterschieden habe. Da darf man sich die Frage stellen, wo die Gefahr einer Corona-Ansteckung grösser war, bei der Konzertbestuhlung der VU oder an den Tischen bei der FBP, wo sich die gegenübersitzenden Personen bei den Gesprächen die Aerosole ins Gesicht gepustet haben und die offen herumstehenden Gläser dankbare Auffangbecken darstellten? Von Fachexperten wird eine Konzertbestuhlung empfohlen, weil sich an den Wirtshaustischen leicht eine Festzeltatmosphäre entwickeln kann, vor allem dann, wenn man gemeinsam aufsteht und kräftig singt, wie dies bei der FBP gemäss Bildern der Fall war. Bei anderen Veranstaltungen ist gemeinsames Singen untersagt oder nur mit Masken erlaubt.
Wer im Glashaus sitzt …
Wenn unser Koalitionspartner nun beabsichtigt, bei jedem Bild von einer VU-Wahlveranstaltung den Abstand zwischen zwei Gesprächspartnern oder nebeneinandersitzenden Personen zu überprüfen und öffentlich mit dem Finger darauf zu zeigen, dann tut sich die FBP-Parteileitung damit sicher keinen Gefallen. Umgekehrte Beispiele von alles andere als vorbildlichen Abständen finden sich in Zeiten der Corona-Pandemie praktisch in jeder Bildergalerie über eine FBP-Versammlung. Die Umsetzung der Hygiene- und Abstandsregeln ist aber nicht nur bei Parteiveranstaltungen, sondern auch bei anderen Wirtschafts- und Kulturveranstaltungen bis hin zu Gottesdiensten ein Thema, das sehr unterschiedlich gelöst wird. Ich bin überzeugt, dass all diese Veranstalter die Corona-Pandemie und das Ansteckungsrisiko alles andere als auf die leichte Schulter nehmen und sich viele Gedanken zu funktionierenden Schutzkonzepten machen. Sicher auch die FBP und ganz gewiss die Vaterländische Union.
Selbstverständlich stehen die Regierungsparteien dabei in einer besonderen Verantwortung. Wenn jedoch nach Ansicht von FBP-Präsident Vogt die Abstandsregeln zum Wahlkampfthema werden sollen, dann dürfte es bei der FBP um die Inhalte für den politischen Wettbewerb um die besseren Ideen wohl eher dünn bestellt sein.