Kontoregister: Verhältnismässigkeit wahren
Im kommenden September-Landtag findet die zweite Lesung zur Änderung des Sorgfaltspflichtgesetzes statt. Bereits bei der ersten Lesung im Juni hatte ich mich kritisch zur Einführung des zentralen Kontenregisters ausgesprochen, zumal in der Vernehmlassung noch das deutlich abgeschwächtere elektronische Datenabrufsystem für Liechtenstein favorisiert wurde. Es ist unbestritten, dass Liechtenstein diese 5. EU-Geldwäscherei-Richtlinie und damit auch diese Bestimmung umsetzen muss. Es ist aber auch klar, dass jeder EWR-Mitgliedsstaat – anders als bei EU-Verordnungen – einen weiten Ermessensspielraum hat. Diesen können und sollten wir ausnutzen – im Sinne der Grundrechte und des Datenschutzes.
Der Zweck ist unbestritten
Die Einführung eines solchen Registers hilft, um zum Beispiel schwere Straftaten zu verhindern oder aufzuklären. Um beispielsweise Kinderschänder zu verfolgen oder Terrorismusfinanzierung zu verhindern, ist die Einrichtung solcher Register unbedingt notwendig. Aber das nicht zu jedem Preis. Gerichte verpflichten aber die Mitgliedsstaaten zum Beispiel, die «Grenzen des Notwendigen» zu beachten und nicht zu überschreiten. Damit wird das Gebot der Verhältnismässigkeit angesprochen. Mittel und Zweck müssen in einem gesunden Verhältnis zueinanderstehen. Doch welche Änderungen sind überhaupt vorgesehen? Die Datenverarbeitung und -vorhaltung verlässt mit der Änderung den Macht- und Kontrollbereich des Geheimnisträgers (Bank). Sämtliche Daten, auch jene völlig unbescholtener Bürger, werden gesammelt und in den staatlichen Machtbereich übertragen. Meines Erachtens haben wir Volksvertreter die Verpflichtung dazu die Liechtensteinische Bevölkerung zu schützen. Immerhin geht es hier um jeden liechtensteinischen Bankkunden, also um die intimsten Details unserer Bürgerinnen und Bürger in finanzieller Hinsicht.
Fast alle Daten zum Staat
Mit dem Inkrafttreten des Kontenregisters im Oktober 2021 werden die Bankdaten (IBAN, Datum der Kontoeröffnung und –schliessung, Name, Geburtsdatum, Nationalität, Wohnadresse des Kontoinhabers, wirtschaftlich berechtigte Person und Bevollmächtige) in einem Kontenregister geführt. Der Kontosaldo wird im Register zwar noch nicht erfasst. Das könnte aber ein möglicher nächster Schritt sein. Das Kontenregister wird nicht mehr bei der anvertrauten Hausbank geführt, sondern extern beim Liechtensteinischen Amt für Justiz. Zugriff auf diese Bankdaten, u.a. der Liechtensteinischen Bevölkerung, hat die Finanzmarktaufsicht (FMA) sowie die Financial Intelligence Unit (FIU) zur Verhinderung von Geldwäsche, organisierter Kriminalität und Terrorismusfinanzierung. Das zentrale Kontenregister trifft jeden Liechtensteiner und jede Liechtensteinerin persönlich. Die Kontodaten aller Bürger werden dem Staat übermittelt. Dies ist ein bedeutsamer und empfindlicher Einschnitt in die Grundrechte der liechtensteinischen Bevölkerung. Das darf keinesfalls auf die leichte Schulter genommen werden.
Einsicht transparenter gestalten
Vor kurzem habe ich dem Parlamentsdienst einen Änderungsantrag zugestellt, welchen ich im September-Landtag stellen werde. Es muss protokolliert werden, wann, von wem und weshalb auf die Bankdaten zugegriffen wurde. Es ist mir auch wichtig, dass nur im Einzelfall auf schriftliches Ersuchen der FMA oder FIU Auskünfte aus dem Register möglich sein sollen. Auch muss die betroffene Person nach den Ermittlungen über die Einsichtnahme informiert werden. Mein Antrag beinhaltet auch, dass stets das Fürstliche Landgericht durch einen Einzelrichter über die Bewilligung einer Einsichtnahme entscheiden soll. Dies ist bspw. auch bei einer Hausdurchsuchung oder bei der Beschlagnahmung von Dokumenten notwendig.
Spielräume ausnutzen
Die Einrichtung dieses zentralen Kontenregisters, welches flächendeckend und anlasslos die gesamte Bevölkerung Liechtensteins zu Betroffenen macht und unter Generalverdacht stellt, bedeutet einen dermassen intensiven Eingriff in die Grundrechte, dass entsprechende spezifische Rechtsschutzbestimmungen unverzichtbar sind. Dies nicht nur aus Sicht der liechtensteinischen Verfassung, sondern auch und gerade im Lichte der Rechtsprechung des EuGH zu den Anforderungen bei der Vorratsdatenspeicherung, bei der vergleichbar ebenfalls flächendeckend und anlasslos Daten gesammelt werden.
Als EWR-Mitgliedstaat haben wir uns zur Übernahme von EU-Richtlinien verpflichtet, was nachvollziehbar und rechtens ist. Aber es gilt stets Augenmass walten zu lassen und den sich bietenden Spielraum auszunutzen. Insbesondere, wenn es um den Schutz der liechtensteinischen Bevölkerung geht.