Können zwei Herzen in einer Brust schlagen?
Können zwei Herzen in einer Brust schlagen? Diese Frage ist uns Doppelbürgern im Rahmen der Behandlung der Motion zu Einführung der doppelten Staatsbürgerschaft in der Landtagssitzung vom letzten Freitag gestellt worden. Wir Doppelbürger haben diese versteckte Loyalitätsfrage unisono mit Ja beantwortet. Liechtenstein ist unsere Heimat, hier haben wir unseren Lebensmittelpunkt und hier engagieren wir uns mit Herzblut für die Zukunft unseres Landes. Was für viele Mitbürgerinnen und Mitbürger, die lediglich die liechtensteinische Staatsbürgerschaft besitzen, schwer vorstellbar sein mag ist die Tatsache, dass man sich gleichzeitig auch einem anderen Land verbunden fühlen kann. So sehen sie im Verzicht auf die bisherige ausländische Staatsbürgerschaft den letzten Tatbeweis für die vollständige Integration und fordern weiterhin, dass trotz Erfüllung der ansonsten hohen Voraussetzungen für die Einbürgerung das bisherige Heimatrecht abzulegen ist.
Ich glaube, das greift zu kurz. Die Identität eines Menschen wird massgeblich durch seine Biographie, seine Lebensgeschichte geprägt. Nehmen Sie das Beispiel eines Mannes, der in der Schweiz seine Kindheit, Schul- und Ausbildungszeit verbracht hat. Er lernt eine Liechtensteinerin kennen, heiratet sie und gründet mit ihr in Liechtenstein eine Familie. Nach 5 Jahren möchte auch er Liechtensteiner werden, da er sich hier beheimatet fühlt, in Vereinen mitmacht und die Zukunft seiner Kinder mitgestalten möchte. Er tut sich aber schwer, das angestammte schweizerische Bürgerrecht abzugeben, zumal dort noch seine Eltern, Geschwister und viele Freunde leben. Gerade diese Verwurzelung und Loyalität Land und Leuten gegenüber, die ihm viel gegeben haben, zeugen für mich von Charakter und ich verstehe, dass sich dieser Mann mit dem Verzicht auf das schweizerische Bürgerrecht schwer tut! Absurd ist diese Situation zudem, weil dieser Familienvater der einzige in seiner Familie wäre, der nicht liechtensteinisch-schweizerischer Doppelbürger ist. Seine Frau und seine Kinder haben nämlich durch ihn die schweizerische Staatsbürgerschaft erhalten, was Liechtenstein ohne Probleme akzeptiert. Für Liechtenstein wäre es aber eine grosse Chance, auch ihn als aktiven Bürger gewinnen zu können. Gerade in der Politik wären zusätzliche Ressourcen hoch willkommen!
Es ist eine Tatsache, dass vor allem Einbürgerungsberechtigte, die aus unseren Nachbarstaaten stammen, Mühe haben, auf ihre bisherige Staatsbürgerschaft zu verzichten. Diese Länder stehen uns kulturell nahe und es gelten die gleichen Werte. Sie sind rechtsstaatlich ähnlich und auf demokratischer Basis aufgebaut. Aus diesem Grund habe ich vorgeschlagen, die Vorlage auf die zweite Lesung hin zu überarbeiten. Die Regierung soll überprüfen, ob wir die doppelte Staatsbürgerschaft bei Einbürgerung nicht von zwei Voraussetzungen abhängig machen können: erstens müssen diese Menschen aus dem EWR-Raum oder der Schweiz stammen und zweitens gewährt das Heimatland dieses Antragsstellers einem Liechtensteinischen Bürger Gegenrecht, das heisst, auch er könnte bei Einbürgerung in jenem Staat das liechtensteinische Bürgerrecht behalten. Nachdem dieser Vorschlag im Landtag breite Unterstützung erfahren hat, bin ich optimistisch, dass eine mehrheitsfähige, ausgewogene Vorlage dem Volk zur Abstimmung unterbreitet werden kann.