Klare Haltung gefragt
Der terroristische Grossangriff der palästinensischen Hamas auf Israel löst Bestürzung aus. Die Bilder, die uns auch in Liechtenstein erreichen, zeugen von Grausamkeit und verbrecherischem Terror, auf
welchen wohl massive staatliche Gewalt seitens des angegriffenen Israels folgen wird. Daneben geht der tägliche Horror des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine weiter. Erst vor wenigen Tagen
sterben bei einem russischen Angriff in der Ukraine auf ein Café voll mit Besuchern einer Trauerfeier 50 Zivilisten. Das russische Massaker in Butcha ist noch nicht lange her, weitere russische Kriegsverbrechen werden wohl ans Licht kommen. Kürzlich hat Aserbeidschan mit Duldung Russlands die armenisch besiedelte Region Berg-Karabach erobert, Hunderttausende Armenier sind in den
letzten Wochen nach Armenien geflohen und haben alles verloren. In Serbien, einem traditionellen Verbündeten Russlands, werden derweil wieder die Kriegstrommeln gegen den Kosovo und seine nicht-serbischen Bewohner gerührt.
Alles zusammen ergibt das Bild eines Kampfs der Zivilisationen: der sogenannte freie Westen, mit all seinen Sünden aus der Vergangenheit, wird von Autokratien und verbrecherischen Diktaturen unter der Führung Russlands attackiert, die sich dabei via Soziale Medien auch frustrierter Menschen im Westen bedienen, um die westlichen Demokratien von innen zu schwächen. Sogar europäische Länder wie Ungarn oder neuerdings die Slowakei werden durch ihre Führer, demokratisch legitimierte Anti-Demokraten, zu Spaltpilzen der westlichen Einheit.
Immer wieder höre ich Stimmen, die die Meinung vertreten, dass uns Liechtensteiner das wenig bis nichts angehe. Dass unsere Politiker zu viel ins Ausland reisten, und dass wir uns zuerst um unsere eigenen Probleme kümmern sollten. Ich halte dies erstens für eine fatale Fehleinschätzung, und zweitens für eine ethisch höchst fragwürdige Haltung. Gerade unser kleines Land hat massiv von der Globalisierung und den dadurch jahrzehntelang gestiegenen Gewinnen profitiert. Dass wir uns als Kleinstaat souverän selbst verwalten können, basiert auf einer völkerrechtlichen Grundordnung, die uns besonders am Herzen liegen muss und zu deren Verteidigung wir deshalb aktiv beitragen müssen.
Der Europarat ist die älteste und grösste europäische Organisation zum Schutz der Menschenrechte und der Wahrung von Demokratie und Rechtstaatlichkeit. Ihm gehören 46 Staaten an und es sind ca. 650 Millionen Menschen von den Entscheidungen des Europarats betroffen, was die Bedeutsamkeit und Verantwortung eines Vorsitzes aufzeigt. Liechtensteins 6-monatiger Vorsitz im Europarat beginnt am 1. November 2023 und bietet in dieser turbulenten und anspruchsvollen Zeit die Chance, als souveränes Land eine klare Haltung zu beweisen. Nutzen wir diese Chance und leisten einen Beitrag zu einer besseren Welt.
Thomas Zwiefelhofer, Parteipräsident VU