«Gemeinsam» das Land vorwärtsbringen
Daniel Risch, Sie haben anlässlich Ihrer Nomination zum Regierungschefkandidaten gesagt, dass es Zeit für einen kulturellen Wandel in Liechtenstein ist, Zeit für einen neuen Stil und für ein neues Verständnis von Politik und Zusammenarbeit. Was konkret soll sich gegenüber heute ändern?
Daniel Risch: Unser Land hat sich in den letzten Jahren weiterentwickelt, verändert und ist gewachsen – nicht in der Fläche, aber in der Zahl: mehr Menschen, die hier leben, mehr Menschen, die täglich hier arbeiten, eine wachsende Wirtschaft aber auch mehr Verkehr, mehr «Lärm». Gleichzeitig gab es in den letzten 20 Jahren einen grundlegenden Umbau des Finanzplatzes, Sparpakete für den Staatshaushalt und zum Teil sehr hitzig geführte Abstimmungskämpfe – und aktuell beschäftigt uns die Coronapandemie. Das alles geht nicht spurlos an uns vorbei, und doch: Wir dürfen in einem Land leben, das so viel zu bieten hat und auf das wir stolz sein dürfen. Genau deshalb sind wir der Meinung, dass wir uns noch viel mehr auf das gemeinsam Erreichte und das gemeinsam Erreichbare fokussieren sollten. Menschen, die anders denken, sind nicht auszugrenzen, sondern einzubeziehen. Es kann nicht darum gehen, «gegen» etwas zu sein, sondern bestenfalls «für» etwas anderes, das noch besser ist. Ich bin überzeugt, dass wir in Liechtenstein – wenn auch in unterschiedlicher Ausprägung – grundsätzlich alle das Gleiche wollen. Das Traditionelle, Vertraute, Familiäre bewahren und unser Land gleichzeitig als modernes und liberales Vorbild zukunftsfähig machen. Und das alles geht nur miteinander und nicht gegeneinander. Und für dieses «Miteinander» steht unsere Partei, wir als Team und auch unsere Landtagskandidatinnen und -kandidaten.
Derzeit läuft die schriftliche Nomination des VU-Landtagsteams. Am Video-Parteitag letzte Woche wurde das Team nochmals vorgestellt. Dieses Team wird entscheidend sein, ob sie in dieser Besetzung in der Regierung sein werden. Warum sind sie überzeugt, dass die VU mit diesen Kandidatinnen und Kandidaten die Mehrheitspartei wird?
Dominique Hasler: Es ist ein beeindruckendes Team aus den unterschiedlichsten Erfahrungsbereichen, beglei-tet von sieben bereits bewährten
Landtagskandidatinnen und -kandidaten. Wir konnten als Regierungsteam mit den Kandidatinnen und Kandidaten die letzten Wochen bei Gesprächen, Workshops und den Nominationen bereits intensiv zusammenarbeiten. Was mich dabei beeindruckt hat, ist, dass Menschen unterschiedlichen Alters und beruflicher Hintergründe zusammenkommen und innert kürzester Zeit zu einem Team zusammenwachsen können. Das ist nur möglich, wenn man die Sache und die gemeinsame Motivation des Gestaltens ins Zentrum stellt. Ich glaube, dass ich für uns drei sagen kann, dass wir als Regierungsteam sehr dankbar dafür sind.
Auffallend ist, dass fünf Landtagskandidaten bei der Landesverwaltung arbeiten. Ist dies aus Ihrer Sicht nicht problematisch?
Graziella Marok-Wachter: In der Landesverwaltung ist man nahe am politischen Geschehen und ein Interesse für politische Themen liegt daher auf der Hand. Wir brauchen Landtagsabgeordnete, die Interesse für Politik mitbringen und Erfahrungen und Kompetenzen aus den verschiedensten Lebensbereichen repräsentieren. Neben fünf Landtagskandidaten aus der Landesverwaltung treten 17 an, die nicht beim Land arbeiten. Unser Team repräsentiert eine äusserst breite Palette von Lebensbereichen.
Eine Frage an die Frauen: Warum hat sich die VU so schwergetan, mehr Frauen für eine Landtagskandidatur zu gewinnen?
Dominique Hasler: Die Partei kann sich glücklich schätzen, dass wir mit vielen potenziellen oder bereits aktiven Mandatarinnen in politischen Gremien Gespräche führen konnten. Bei diesen sehr offenen Dialogen zeigt sich, dass die Gründe für die Entscheide, wann man seine Lebenszeit in ein politisches Mandat einbringen möchte, jeweils sehr persönlich sind.
Graziella Marok-Wachter: Unser Land braucht unabhängig vom Geschlecht gute Landtagsabgeordnete und wir haben sehr gute Landtagskandidatinnen und -kandidaten gefunden. Gerade beruflich engagierte Frauen mit Kindern stellen sich trotz ausgewiesener Kompetenzen und politischem Interesse oft deshalb nicht zur Verfügung, weil sie neben ihrem beruflichen Engagement ganz für die Familie da sein wollen. Das mag mit einem traditionellen Rollenverständnis zusammenhängen, in dem primär die Frau die Aufgabe der Kindererziehung hat. Viele dieser Frauen können sich ein politisches Engagement zu einem späteren Zeitpunkt, also wenn die Kinder grösser sind, durchaus vorstellen. Bei mir persönlich war das übrigens auch so – deshalb engagiere ich mich erstmals mit 55 Jahren aktiv in der Politik – angefragt wurde ich davor auch schon, habe aber bis zu diesem Jahr auch zu den Frauen gehört, die dankend abgesagt haben.
Bei Ihrer Nomination hat Daniel Risch erklärt, dass Ihr Handeln von Werten geleitet sein wird. Konkret: Welche Werte sind das
für Sie?
Graziella Marok-Wachter: Wie Daniel bereits gesagt hat, geht es darum, den grossen Herausforderungen dieser Zeit gemeinsam zu begegnen. Gerade in dieser komplexen Welt müssen wir uns zusammentun, um unsere Lebensqualität und unsere Identität zu bewahren. Dieses Miteinander bedeutet nicht, dass wir immer einer Meinung sein müssen – bei schwierigen Fragen ist es sehr wichtig, um die besten Lösungen zu ringen. Entscheidend ist, dass wir uns bei der Suche nach Lösungen als Team sehen und mit Respekt begegnen. Dann gehen wir auch fair miteinander um, wir hören uns gegenseitig zu, respektieren andere Meinungen und suchen miteinander konstruktiv nach optimalen Lösungen.
Dominique Hasler: Ein Wert, der uns drei wichtig ist, ist ein ausgeprägtes Demokratieverständnis. Mit der politischen Arbeit muss man Mehrheiten bilden können. Wenn einem das einmal nicht gelingt, ist es die Kunst, dies nicht persönlich zu nehmen, sondern dies als Auftrag zu verstehen, neue Wege zu beschreiten. Was uns dabei vereint, ist, dass wir die Sache und nicht uns selbst ins Zentrum stellen. Wir sind beim Entwickeln von Ideen und Projekten und beim Lösen von Problemen also weit mehr in unserem Element als bei Fototerminen. Das ist wichtig für die Schaffenskraft einerseits und den Zusammenhalt im Team andererseits. Denn, wenn die Zusammenarbeit in einer Regierung nicht funktioniert, dann ist sie vor allem mit sich selbst und nicht mit ihrer Arbeit für unser Land beschäftigt.
Sie haben schon mehrfach erklärt, dass Sie ein gemeinsames Verständnis entwickelt hätten, wie Sie drei zusammen «unser Land zukünftig führen» wollen. Wie sieht dieses Verständnis aus?
Daniel Risch: Mit einem Wort: «Gemeinsam». Ich kann hier eigentlich nahtlos bei Dominique anknüpfen. Heute ist vieles fragmentiert und die Diskussionen, wer wofür die Verantwortung trägt, nehmen mehr Zeit in Anspruch als das Lösen der inhaltlichen Fragen. Das sieht man beispielsweise an der immer wieder geführten Diskussion, ob nun das Land oder die Gemeinden etwas bezahlen sollen, oder an den langen Debatten im Landtag, bei denen es um organisatorische Fragen des Landtags selbst oder die Zusammenarbeit mit der Regierung ging. Mit einem gemeinsamen Fokus auf die Sachthemen, einer guten und konstruktiven Lösungsfindung und mit klaren Entscheiden der zuständigen Gremien wie Volk, Landtag und Regierung, können wir unser Land gemeinsam gestalten und gleichzeitig auch das Gemeinsame in den Vordergrund stellen. Auch wenn die Coronapandemie vieles und auch die Gemütslage zuweilen überschattet. Verschiedene Studien haben gezeigt, dass wir ein sehr glückliches Land sind und bleiben dürfen – und damit das so bleibt, braucht es eben alle, das Gemeinsame!
Welches sind aus Ihrer Sicht die drei grossen Themen in der nächsten Legislaturperiode?
Daniel Risch: Inhaltlich sehen wir die grossen Themenfelder im Bereich der Generationenthemen Familie und Beruf, Altersversorgung, Pflege und Gesundheit, im Bereich Lebens- und Wirtschaftsstandort Rheintal, was auch die Bildung und die Mobilitätsthematik umfasst, und in den Bereichen Klima, Energie und Nachhaltigkeit in all ihren Facetten. Und natürlich sind wir uns bewusst, und das lehrt uns auch die heutige Zeit, dass man im Vornherein nicht weiss, welches Thema in zwei, drei oder vier Jahren das grösste Thema gewesen sein wird. Daher steht für uns neben den Inhalten auch die Art und Weise im Mittelpunkt, der Zusammenhalt und der Fokus auf das gemeinsame Bearbeiten und Lösen der Themen.
Die aktuelle Coronasituation lässt einen «normalen» Wahlkampf nicht zu. Inwiefern glauben Sie, dass sich die Pandemie auf das Wahlergebnis auswirken wird?
Dominique Hasler: Ein Landtags- und Regierungsmandat geht einher mit der Verantwortung, sich in guten wie auch in schwierigen Zeiten für unser Land einzusetzen. Dafür braucht es Mut, Vertrauen und die Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen. Das ist in Zeiten wie diesen nicht einfach, aber die Basis für die Bewältigung einer Krise. Das schöne einer Wahl ist, dass wir Liechtensteinerinnen und Liechtensteiner bestimmen können, in wessen Hände wir diese Aufgaben legen möchten.
Auch in Liechtenstein gibt es Coronaskeptiker, welche die Massnahmen als völlig überzogen betrachten und auch solche, die jeden Sonntag eine Kerze vor dem Regierungsgebäude platzieren. Welche Botschaft haben Sie für diese Menschen?
Daniel Risch: Auch wir hinterfragen immer wieder sehr selbstkritisch unsere Entscheide und es ist wichtig, dass sich jede und jeder Gedanken zur aktuellen Situation macht. Wir erhalten sowohl Rückmeldungen, dass die Massnahmen als zu einschneidend empfunden werden, als auch Rückmeldungen, dass man stärker eingreifen sollte. Was zu welchem Zeitpunkt genau richtig gewesen ist bzw. richtig gewesen wäre, das wird man erst in ein paar Jahren wissen. Was ich jedem und jeder sagen kann, ist, dass wir uns in der Regierung die Entscheide nicht leicht machen und bei all unseren Überlegungen die Menschen in unserem Land, deren Gesundheit, unser Bildungssystem und unsere Wirtschaft ins Zentrum stellen.
Zum Schluss hätte ich gerne von jedem von Ihnen einen Satz, warum man der VU bei den Wahlen am 7. Februar 2021 das Vertrauen schenken soll?
Graziella Marok-Wachter: Kurz: Weil wir ein super Team sind, das unser Land gemeinsam vorwärtsbringen will.
Dominique Hasler: Weil wir mit geschenktem Vertrauen auch behutsam und vertrauensvoll umgehen.
Daniel Risch: Weil unser Herz für Liechtenstein schlägt und wir gemeinsam mit allen konstruktiven Kräften in unserem Land das, was uns so wichtig ist, erhalten und gleichzeitig weiterentwickeln wollen.
Interview: Patrik Schädler, Liechtensteiner Vaterland