Finanzpolitik gezielter steuern
von Michael Winkler
Reflektiert man die Rückmeldungen der anderen Parteien, welche die Motionäre zu ihrem Vorstoss bisher medial erhalten haben, kommt man zum Schluss, dass Zweckbindungen generell als umstritten gelten. Gerade auch Finanzminister Adrian Hasler würde am liebsten – lieber heute als morgen – alle Zweckbindungen aufheben (scheut sich aber doch, die in erster Lesung bereits behandelte Abschaffung des Zukunftsfonds zu forcieren; Anm.). Das ist vor allem aus einer Perspektive logisch: Weil er kein Ziel und keine Vision hat, bunkert er das Geld lieber in der vollen Staatskasse, anstatt damit für künftig anstehende Probleme gezielt vorzusorgen, die in einer Zeit auf uns zukommen, in der die aktuellen Politiker vermutlich nicht mehr im Parlament sitzen werden. Dieses Denken in Legislaturperioden ist leider nicht selten.
Auch eine Frage des Vertrauens
Zweckbindungen sind bei Haushaltspolitikern nicht gerne gesehen, weil sie die sogenannte Handlungsfreiheit einschränken. Doch schränkt man wirklich jemanden ein, der sich gar nicht anschickt, überhaupt zu handeln? Für die Motionäre ist klar, dass die Einnahmen aus der Geldspielabgabe einem guten Zweck zugeführt werden müssen. Eine Zweckbindung soll bewirken, dass der Gesetzgeber oder der Vertragspartner die Gewissheit besitzt, dass Geld oder Sachen ausschliesslich für einen vorgesehenen Zweck verwendet werden und eine zweckfremde Verwendung ausgeschlossen ist. Klar will das der Finanzminister nicht. Er will natürlich freie Verfügung über das Geld im Haushalt. Zumindest theoretisch. Weil praktisch kommen von oben keine Ideen. Symptomatisch dafür ist das überwiesene Postulat der FBP zum verantwortungsvollen Umgang mit staatlichen Überschüssen und Reserven: Dazu wurde der Regierungschef – einmal mehr – von der eigenen Fraktion dazu aufgefordert, darzulegen, was möglich ist und welche Spielräume man im Staatshaushalt überhaupt hat. Sollte ein Finanzminister, der bereits mehr als sechs Jahre im Amt ist, diese Spielräume nicht bereits bestens kennen? «Was aber fehlt, (...), ist eine klare Übersicht über den Handlungsspielraum, und zwar über eine längere Periode. Wir wissen heute nicht, wie viel Geld wir eigentlich zur Verfügung haben, wenn man die konjunkturellen Entwicklungen einbezieht», führte der Finanzminister und Regierungschef in der Debatte aus.
Genau deshalb wird der Regierungschef aus der VU-Landtagsfraktion heraus seit Jahren immer wieder gebeten, die jährliche Finanzplanung um einnahmen- und ausgabenseitige Szenarien anzureichern. Diese könnte genau die von den Postulanten erwähnten Spielräume aufzeigen. Aber nicht nur diese, sondern viel wichtiger auch den Handlungsspielraum für die Finanzierung zukünftiger Herausforderungen wie die Lösung der Verkehrsprobleme, die Digitalisierung, die Gesundheitskosten oder etwa die Finanzierung der Alterspflege und –betreuung. Man fragt sich angesichts all dessen, was denn nun die Kernkompetenz eines Finanzministers ist, wenn nicht ein Auge auf die Finanzen zu haben und Entwicklungen abzuschätzen – idealerweise über das Ende einer Legislatur hinaus. Für reine Buchführung braucht man keinen Finanzminister, da reicht ein Buchhalter. Die Aussage des Regierungschefs heisst aber auch, dass er nicht weiss, was mit unserem Steuergeld in der Kasse passiert.
Herausforderungen meistern
Und jetzt reichen VU-Abgeordnete eine Motion ein, die eine Diskussion darüber zur Folge hat, was der Staat mit den Einnahmen aus den Casinos anstellen will. Ist das – angesichts der Tatsache, dass der Regierungschef sich derart visionslos präsentiert und offenbar keinen Überblick hat, wie er selbst sagt – denn so verfehlt und unangemessen? Ist es so verkehrt, wenn man bestrebt ist, dass die Einnahmen für gute Ausgaben wiederverwendet werden? Über die Sinnhaftigkeit von Zweckbindungen kann man streiten. In der Praxis dürfte es keine Rolle spielen, aus welcher Kasse das Geld kommt, das uns dabei hilft, demografische Herausforderungen zu meistern. Wichtig ist aber, dass das Geld vorhanden ist, wenn wir es brauchen. Und bei diesem Vorhaben könnte eine Zweckbindung unter Umständen eher helfen als schaden. Jedenfalls wird die Debatte interessant.