FBP lanciert Beruhigungspille
von Günther Fritz, Parteipräsident
Die VU-Landtagsfraktion hat am Dienstag eine parlamentarische Initiative zur Ausweitung der Prämienverbilligung eingereicht. Die vorgeschlagenen Erhöhungen der Einkommensgrenzen bei gleichen Subventionssätzen sowohl für die Prämienverbilligung als auch die Kostenbeteiligung bringen bei einer angenommenen Nutzungsquote von 54 Prozent Mehrkosten von 6 Millionen mit sich.
VU will Mittelstand entlasten
Um weitere 4 Millionen soll nächste Woche im Landtag laut angekündigtem VU-Antrag der OKP-Staatsbeitrag von 29 auf 33 Mio. Franken erhöht werden. Damit möchte die VU den Mittelstand mit einem 10-Millionen-Paket bei der Krankenkassenprämie entlasten. Dazu VU-Fraktionssprecher Günter Vogt: «Diese Mehrkosten sind sozialpolitisch sinnvoll und auch finanzpolitisch verantwortbar.Es ist Zeit, dass der Staat nach den Jahren des Sparens gerade den einkommensschwachen Einzelpersonen, Familien und Senioren wieder etwas zurückgibt und sich stärker an den Gesundheitskosten beteiligt.»
Entlastung wird jetzt erwartet
Viele Menschen in Liechtenstein haben vor allem Schwierigkeiten, ihre Krankenkassenprämien und die Kostenbeteiligung zu bezahlen. Sowohl einkommensschwache Einzelpersonen bis zum 65. Lebensjahr als auch Familien des unteren Mittelstandes sowie viele Seniorinnen und Senioren leiden darunter, dass ein erheblicher Teil ihres monatlichen Haushaltsbudgets für die Gesundheitskosten aufgebraucht wird. Vor diesem Hintergrund dürfte das 10-Millionen-Entlastungspaket von der Bevölkerung positiv aufgenommen werden.
FBP erntet Unverständnis
Hingegen dürfte das Unverständnis gegenüber Gesellschaftsminister Mauro Pedrazzini, der den OKP-Staatsbeitrag auch für das nächste Jahr nur bei 29 Mio. Franken sieht, in der Bevölkerung weiter gewachsen sein. Während die VU bereits vor einem Jahr das Bürgerpaket lanciert hat, um nach den Jahren des Sparens die Menschen an den wachsenden Überschüssen und Reserven des Staates wieder partizipieren zu lassen, drückte Regierungschef Adrian Hasler mit seiner FBP nach wie vor auf die Bremse, wenn es um wiederkehrende laufende Ausgaben geht, von denen die Bevölkerung profitieren könnte.
Laufende «Schwarzmalerei»
Als die VU vor einem Jahr ihr Bürgerpaket der Öffentlichkeit vorstellte, reagierte die FBP mit dem Vorwurf, dass die Vorschläge ihres Koalitionspartners «von kurzfristigem, populistischen Handeln gekennzeichnet und alles andere als staatstragend» sei. Heute gibt sich die FBP unter dem Druck der Bevölkerung ein wenig moderater, warnte gestern bei der Präsentation ihres Postulats «zum verantwortungsvollen Umgang mit staatlichen Überschüssen und Reserven» aber erneut davor, dass die wirtschaftliche Konjunktur auch immer wieder Schwächephasen kenne. Dazu heisst es vonseiten der FBP: «In diesem Sinne sind Überschüsse in Zeiten der Hochkonjunktur und Börsenhaussen zu einem wesentlichen Grad zur Deckung von Defiziten in Zeiten wirtschaftlicher Schwächephasen zurückzustellen.»
Darf die unter der Sparpolitik «abgehängte» Bevölkerung von der FBP also wieder nicht erwarten, dass sie jetzt, wo der Staat ein betriebliches Plus von 61 Mio. Franken ausweist, endlich etwas zurückbekommt?
Verzögerungstaktik der FBP?
Oder eben doch? Aber nicht heute, sondern irgendwann in der Zukunft, wenn der Regierungschef das viele Themen umfassende Postulat beantwortet hat? Dazu die FBP in ihrer gestrigen Presseaussendung: «Dennoch sind die Postulanten der Ansicht, dass sich der finanzielle Handlungsspielraum des Staates nach der erfolgreichen Sanierung des Staatshaushaltes spürbar vergrössert hat und neben zukunftsgerichteten einmaligen Investitionen auch ein gewisser Spielraum für gezielte wiederkehrende Ausgabenerhöhungen oder Einnahmensenkungen besteht.»
Wie ist nun diese FBP-Botschaft zu interpretieren? Will die FBP-Fraktion vielleicht zuerst die Postulatsbeantwortung abwarten, bevor sie der Bevölkerung im Rahmen des VU-Bürgerpakets etwas zurückgeben will?
Postulat als Ausrede?
In diesem Fall könnte natürlich die Ausrede der FBP vor der Bevölkerung sein, dass die Regierung zuerst die Grundlage für eine fundierte Debatte im Landtag schaffen soll. Erst dann könne der Landtag «in einer Gesamtsicht gemeinsam faktenbasierte, verantwortungsvolle, koordinierte und damit nachhaltige und mehrheitsfähige Lösungen zur Partizipation der Bevölkerung an den wachsenden Überschüssen und Reserven finden», wie es in der Medienmitteilung der FBP heisst.
FBP fordert Führung
Das vorliegende Postulat erinnert an das von der FBP im Febuar 2018 eingereichte Postulat zur Überprüfung des Finanzzuweisungssystems an die Gemeinden und der Aufgaben- und Finanzierungszuständigkeiten zwischen Land und Gemeinden. Schon damals musste die eigene Fraktion dem Regierungschef per Postulat dazu nötigen, seinen Unwillen zu überwinden, den er im Oktober 2017 bei der Beantwortung einer VU-Interpellation zum gleichen Thema an den Tag gelegt hatte.
Mit dem vorliegenden FBP-Postulat soll Regierungschef und Finanuzminister Adrian Hasler nun beauftragt werden, «den wiedergewonnenen finanziellen Handlungsspielraum des Staates aufzuzeigen und mögliche Massnahmen auf der Einnahmen- und Ausgabenseite vorzulegen, wie die Bevölkerung an den wachsenden Überschüssen und Reserven verantwortungsvoll und direkt partizipieren kann, ohne damit die zukünftige Entwicklung des Landes im Sinne kommender Generationen zu gefährden».
Planen in Szenarien abgelehnt
Auch diese Führungsaufgabe hätte der Regierungschef schon lange lösen können, wenn er nicht immer ablehnend reagieren würde, wenn es ums Planen in Szenarien geht. So hat der VU-Abgeordente Christoph Wenaweser nämlich immer und immer wieder bei verschiedensten finanzpolitischen Debatten gefordert, im Rahmen der Finanzplanung des Staates in Szenarien zu planen, eben genau um zu sehen, was sich der Staat leisten kann und was nicht. In diesem Zusammenhang sagte Christoph Wenaweser zum Beispiel anlässlich der Landtagssitzung vom November 2016 zur Finanzplanung 2017-2020: «Einem offensiven ein defensives, einem optimistischen ein vorsichtiges Szenario gegenüber zu stellen, würde Aussagekraft und Qualität der Finanzplanung erhöhen und den Abgeordneten in der Beurteilung des Zustands des Staatshaushalts mehr Sicherheit geben. Das Planen in Szenarien wäre für mich ein jährlicher Elchtest für den Staatshaushalt.»
Szenario Partizipation verpasst
Zudem hatte Christoph Wenaweser ebenso mehrfach eine finanzpolitische Grundsatzdebatte gefordert, um ein gemeinsames finanzpolitisches Verständnis zwischen Regierung und Landtag zu erreichen. Von diesen Forderungen wurde vonseiten des Regierungschefs und der FBP-Fraktion jedoch nie etwas aufgenommen. So fehlt auch heute noch das «Szenario Partizipation». Vor diesem Hintergrund mutet es widersprüchlich an, wenn nun ausgerechnet die FBP-Fraktion fordert, man müsse nun plötzlich den Blick auf das Ganze richten.
«Nichts erreicht, nichts vor»?
Aber vermutlich zielt das FBP-Postulat auch mehr darauf ab, die Regierung ein «FBP-Bürgerpaket» für das nächste Wahlprogramm» ausarbeiten zu lassen, weil die Bevölkerung den FBP-Wahlspruch sonst umkehren könnte in «Nichts erreicht, nichts vor». Anstatt die Regierung mit einem heuchlerischen Postulat zu befassen, könnte die FBP auf einfache Weise zeigen, dass er ihr mit der Partizipation der Bevölkerung an den Überschüssen und Reserven des Staates ernst ist. So müsste sie nämlich nur dem 10-Millionen-Paket zur Prämienentlastung zustimmen.