Fahne im Wind statt trittsicher in die Zukunft
«Mit rund 63 Prozent sprach sich der Landesvorstand der FBP am 24. Juni für die S-Bahn aus», schrieb die Fortschrittliche Bürgerpartei auf ihrer «Blickwinkel»-Seite im «Volksblatt» vom 2. Juli. Der Beitrag trägt – wie so viele andere auf besagter, wöchentlich erscheinender Seite – keine Autorenbezeichnung. Gezeichnet war hingegen der Beitrag «S-Bahn Liechtenstein – eine wichtige Option für die Zukunft». Und zwar von FBP-Fraktionssprecher Daniel Oehry. «Wir sichern dadurch [also durch die S-Bahn] unseren Wohlstand, erhalten Arbeitsplätze und schaffen für unsere kommenden Generationen zukunftsorientierte sowie entwicklungsfähige Mobilitäts-Infrastrukturen», hielt Oehry fest.
Klare Ja-Empfehlung der FBP vor der Abstimmung
FBP-Fraktionssprecher Daniel Oehry sprach sich in seiner Funktion als Verkehrsbeauftragter der Industrie- und Handelskammer (LIHK) an den Informationsverstaltungen der Regierung in den einzelnen Gemeinden jeweils ausdrücklich für die Realisierung des S-Bahn-Projektes aus. «Wir wünschen uns einen Verkehrsmix. Die Erreichbarkeit ist ein entscheidender Faktor für die Standortattraktivität», sagte er beispielsweise in Vaduz.
Davon, «Wohlstand und Lebensqualität auch für kommende Generationen sicherzustellen», berichtete die FBP auf der «Blickwinkel»-Seite auch am 13. August. Und weiter: «Treffen wir heute die richtige Entscheidung, damit wir nicht in einigen Jahren oder Jahrzehnten von einer verpassten Chance sprechen müssen.» Der Artikel ist zwar wiederum nicht gezeichnet, die Platzierung auf der FBP-Seite legt aber nahe, dass er, wie die anderen Berichte auch, zumindest über den Redaktionstisch von Parteipräsident Marcus Vogt gegangen ist.
Prominente FBP-Befürworter aus allen Gremien
FBP-Präsident Marcus Vogt war es auch, der am Tag nach der S-Bahn-Abstimmung auf Radio Liechtenstein verkündetet, Regierungschef-Stellvertreter Daniel Risch habe das Projekt «mit Gewalt durchdrücken wollen». Am vergangenen Donnerstag verkündete wiederum ein unbekannter FBP-Autor auf der «Blickwinkel»-Seite, dass Regierungschef-Stellvertreter Daniel Risch «die Verantwortung zu tragen» habe für die Ablehnung der S-Bahn. Dass Daniel Risch für dieses Thema, wie auch für sehr viele andere, die Verantwortung trägt, und das auch gerne macht, sei nur am Rande erwähnt.
Man stelle sich nun aber das Szenario vor, dass die S-Bahn von den Stimmberechtigten angenommen worden wäre. Vermutlich wären die entsprechenden Artikel mit dem Namen von Marcus Vogt gezeichnet, vor allem aber würden sie vor Lob für die eigenen Leistung der FBP nur so strotzen. Immerhin haben sich neben dem Landesvorstand die von der FBP-Mehrheit geführte Gesamtregierung, sieben von neun FBP-Abgeordneten mit Fraktionssprecher Daniel Oehry als flammendem Befürworter an vorderster Front, sieben von sieben FBP-Vorstehern sowie ehemalige prominente FBP-Mandatare für das Projekt stark gemacht.
Wie gerade der Wind weht
Dies ist nur schon deshalb nachvollziehbar und konsequent, weil es im Regierungsprogramm der Koalitionsparteien für die Legislaturperiode 2017-2021 heisst: «Die Verkehrssituation wird verbessert, wobei die Gesamtkapazität des Verkehrsnetzes durch die effiziente Nutzung aller Verkehrsmittel erhöht wird. Bauliche Massnahmen im Bereich der Strassen werden prioritär an den heute bekannten kritischen Stellen erfolgen. Die Anbindung an die internationalen Verkehrsnetze ist sichergestellt. Die Attraktivität des öffentlichen Verkehrs wird gesteigert.» Es wäre daher unfair und unrichtig, zu behaupten, dass die gesamte FBP ihr Parteifähnchen nun nach dem Wind ausrichtet. Offenbar sind es die beiden In- oder Teilhaber von Kommunikationsagenturen, Marcus Vogt und Alexander Batliner, seines Zeichens mehr oder weniger bekennender
S-Bahn-Gegner, welche die offizielle Linie der FBP vorgeben und nötigenfalls dem Zeitgeist anpassen. Ob es nun Parteipräsident Vogt war oder der Landtagsabgeordnete Batliner, der den Beitrag am Donnerstag auf der «Blickwinkel»-Seite verfasst hat, sei dahingestellt. Glaubwürdige Politik sieht jedenfalls anders aus und entspricht nicht der Schlagzeile «Trittsicher in die Zukunft» auf besagter «Blickwinkel»-Seite. (güf)