Ernst Gassner: Ein Leben für die Gemeinschaft und das Miteinander
Ernst Gassner führte ein erfülltes Leben. Ein Leben, das er stets in den Dienst der guten Sache und vor allem der Gemeinschaft stellte. Sein Pensum und sein vorbildliches Wirken ist heute in dessen Breite schier unvorstellbar. Ernst war ein Mann der Geselligkeit und der Gerechtigkeit: Für letztere setze er sich viele Jahrzehnte in der Vaterländischen Union ein. Hier war er Obmann der Ortsgruppe Triesenberg (1970–1976), Vizepräsident der Landespartei (1978–1986) und Regierungsrat-Stellvertreter (1974–1986). Dabei war ihm die Parteizugehörigkeit in die Wiege gelegt. Sein Vater Gottfried war ein Freund des Parteigründers Wilhelm Beck. Gerade in den 1930er und 1940er-Jahren, als die Bürgerpartei an der Macht war, wurden Arbeiten vor allem an deren Parteifreunde vergeben. Diese Ungerechtigkeit führte dazu, dass sich viele Menschen mit der Union solidarisierten. Darum engagierte sich auch Ernst später für die VU. Als überzeugter Uniönler war klar, dass der engagierte und gut vernetzte Ernst Gassner bald eine tragende Rolle in der Partei spielen sollte. Sein Credo lautete «Du muascht alli gliich behandla und de hescht Erfolg.»
Ein Macher durch und durch
Doch bereits nach der Volksschule wurde Ernst, der mit fünf Geschwistern aufwuchs, erstmals mit Ungerechtigkeiten konfrontiert. Weil keine Triesenberger des Jahrgangs 1932 in die Realschule durften – die Gemeinde hatte sich mit Regierung und Schulamt überworfen und «Herrensöhnchen aus dem Tal» wurden bevorzugt, ging es erst ein Jahr später für ihn dorthin. Danach absolvierte er ab 1949 eine Lehre als Dreher bei der VOEST in Linz. In Liechtenstein waren Lehrstellen spärlich vorhanden. Später kam er wieder ins Land zurück. Zunächst ging es für drei Jahre zur Gerätebau Anstalt in Balzers und 1955 zur Presta in Eschen. Dort war er für 90 Mitarbeiter verantwortlich und schaffte es bis zum Chefkontrolleur-Stellvertreter. Ausserdem engagierte er sich in dieser Funktion im späteren LANV. Er hatte 1964 bereits die Zusage für die Stelle als Chefkontrolleurs, erkrankte dann aber an Tuberkolose und musste ins Sanatorium nach Davos. 1968 eröffnete die Ivoclar ihre Filiale in Triesenberg. So kam es für ihn gelegen, dort als Meister für die technische Betreuung der Anlagen zu arbeiten. Er leitete 10 Jahre lang die Amalgam-Abteilung. Danach ging es für ihn in die Versicherungsbranche: Als Concordia-Verwalter begann er 1977 mit 1800 Versicherten und zwei Mitarbeitern. 1982 wurde er in den siebenköpfigen Verwaltungsrat der Concordia Schweiz gewählt. In Liechtenstein wurde er Präsident des Krankenkassenverbands und 16 Jahre lang Mitglied der Sanitätskommission. Bei seiner Pensionierung 1998 waren es 25 000 Versicherte und 14 Mitarbeiter.
Prägender Mensch für viele Dorfvereine
27 Jahre – also neun Perioden – lang wurde er zum Vermittler in Triesenberg gewählt. Besonders engagiert war er in den Vereinen: Bei der Freiwilligen Feuerwehr, beim Skiclub Triesenberg und als Vizepräsident des Skiverbands, als Gründungsmitglied der Familienhilfe Triesenberg, der Narrenzunft und als Initiant des ersten Fasnachtsumzugs in Triesenberg oder als Chefredaktor der Fasnachtszeitung: Ernst Gassner liebte das Engagement und die Geselligkeit. Er war nicht nur Festpräsident bei der Neu-Uniformierung der Feuerwehr, sondern auch Festpräsident bei der Neu-Instrumentierung der Harmoniemusik. 1982 in Malbun und 1992 in Triesenberg amtete er als Festpräsident des Verbandsmusikfests. Er war der Verfasser der Statuten der Entenanstalt «zur Pflege und Zucht von glücklichen Enten», Ehrenmitglied sowohl bei der Harmoniemusik als auch beim MGV-Kirchenchor Triesenberg.
Erfolgreiche politische Laufbahn
Am 19. November 1960 heiratete er seine Frau Elsa. «Du brauchst bei einem solchen Einsatz eine gute Frau, sonst hast du zu Hause ein Problem», gab Ernst als Kompliment an seine Frau Elsa zu, dass diese ihre beiden Töchter «eindeutig und fast allein aufgezogen» hat. Zu seiner Zeit in den 1970er-Jahren hatte die VU grosse Erfolge nach einer langen politischen Durststrecke. Ein grosser Teil des Erfolgs machte die Arbeit von Ernst Gassner aus. Dass beide Töchter von Ernst und Elsa mit mittlerweile ehemaligen VU-Politikern verheiratet sind, dürfte kein Zufall sein. Und als er mit 70 Jahren Eni wurde, waren seine Enkel Tim und Michelle für ihn ein und alles. Praktisch täglich pflegte er einen regen Kontakt mit ihnen. Ob er Tim zum Fussball brachte oder abholte oder mit Michelle seine Spässchen machte oder gar mit ihr shoppen ging: Ernst blühte auf.
Als zwei seiner Hauptanliegen verfassungspolitischer Natur nannte er einmal das Frauenstimmrecht und den EWR-Beitritt als zentrale Meilensteine, für die er sich eingesetzt hat. «Ich bin froh, dass das Volk diese Ansichten geteilt hat», stellte er fest. Bei der VU war Ernst in den vergangenen Jahren immer gern gesehener Gast bei den Sitzungen des Parteirats, wo er seinen Sachverstand bei verschiedenen Themen einbrachte und die Partei an seinem umfangreichen praktischen Wissen teilhaben liess. In einer Festschrift wünschte er der VU unter anderem, dass sie «auch in Zukunft den Mut hat, politisch heikle Themen zu diskutieren und dafür einzustehen.» Ernst war bis zum Schluss immer über die Welt- und Landespolitik informiert. Als er vor drei Jahren aufgrund einer Augenkrankheit nur noch eingeschränkt sehen konnte, lebte er zwar etwas zurückgezogener, hielt sich aber über sein Gehör auf dem Laufenden. Leider konnte er aber die Runden im «Lisali-Jassclub» jeden Sonntag auf der Leitawis nicht mehr so geniessen und auch das Rätseln wurde unmöglich. Dennoch bedeutete ihm die Eigenverantwortung viel. Sein Lebensmotto lautete: «Wie lange ich lebe, bestimme ich nicht, aber wie lange ich lebe, solange ich lebe, bestimme ich.»
Am vergangenen Samstag verstarb Ernst unerwartet – kurz nachdem seine Frau Elsa das Spital nach einer Lungenentzündung verlassen konnte. Leider trafen sie sich nicht mehr wie geplant am Freitag zu Hause, konnten sich aber im Spital verabschieden. Die Vaterländische Union wird Ernst, seine ruhige, vermittelnde und überlegte Art sowie seinen Rat vermissen. Seiner Frau Elsa und seinen Töchtern Ilse und Bettina mit ihren Familien entbietet die Partei ihr herzliches Beileid und wünscht ihnen in der Zeit der Trauer viel Kraft und Gottes Segen.
Lieber Ernst, wir werden dich vermissen, aber dich und deine Werte nie vergessen. (mw)