Ein Hoch auf die Demokratie!
Unsere Verfassung, deren 100. «Geburtstag» wir in diesem Monat feiern, war ein Quantensprung für die Demokratie. Die Beteiligung der Bevölkerung an politischen Entscheidungen garantiert seit 1921, dass wichtige Themen breit diskutiert und gemeinsam entschieden werden. Durch die direktdemokratischen Elemente Referendum und Initiative entscheidet die Bevölkerung auch, was ihr wichtig ist. Umstrittene Entscheide der Staatsorgane werden mit der Annahme an der Urne breiter legitimiert, oder durch Ablehnung korrigiert, was für Politiker durchaus lehrreich sein kann.
Demokratiepolitisch schwierig finde ich, wenn diese Instrumente ad absurdum geführt werden. Zuletzt gesehen in Vaduz. Hier reichte die FBP-Fraktion im Gemeinderat zunächst einen Antrag zum Ausbau des Rheindamms ein, um prompt selbst wiederum das Referendum zu ergreifen, weil sie den Rheindamm gar nicht ausbauen, sondern für den motorisierten Verkehr sperren wollte. Die Bevölkerung liess sich von diesem politisch fragwürdigen Vorgehen nicht täuschen und nahm am Ende den Rheindammausbau mit einer wuchtigen Mehrheit an. Der Schuss der FBP Vaduz ging nach hinten los, und zwar so kräftig, dass nun der ursprüngliche, vom Volk bestätigte Antrag zunächst praxistauglich gemacht werden muss. Dieser Volksentscheid ist ein gutes Zeugnis für die demokratische Kompetenz unserer Bevölkerung, die sich nicht von solchen Manövern täuschen lässt. Das Votum der Vaduzer ist somit nicht nur ein Ja zur Entlastung des Zentrums und der überlasteten Hauptverkehrsader, sondern auch ein Nein gegen intransparente Verwirrungspolitik.
Die Bevölkerung hat bei uns viele Mittel, um Entscheidungen mitzugestalten und das letzte Wort zu haben. Man kann die direktdemokratischen Instrumente nutzen, kann in Parteien mitarbeiten und sich zur Wahl stellen. Wie ein aktuelles Beispiel zeigt, besteht auch die Möglichkeit, an den Staatsgerichtshof zu gelangen, um Gesetze oder Verordnungen auf ihre Verfassungsmässigkeit prüfen zu lassen. All das ist Demokratie in Reinkultur und darauf dürfen wir zu Recht stolz sein. Wir dürfen alle mitreden und mitgestalten. Zur Demokratie gehört auf der anderen Seite auch, dass man vielleicht am Ende eines solchen Prozesses nicht auf der Seite der «Sieger» bzw. der Mehrheit steht. Aber wir alle profitieren von diesen Möglichkeiten und einem möglichst breiten Konsens bei politischen Entscheidungen. Dafür darf man dankbar sein. Denn das ist nicht selbstverständlich!