Dietmar Lampert: «Schellenberg braucht eine Vision»
Dietmar, neben dir kandidieren Robert Hassler von der FBP und Patrick Risch von der FL um den Vorsteherposten in Schellenberg. Das ist für eine kleine Gemeinde doch sehr ungewöhnlich.
Dietmar Lampert: Da haben die Stimmbürger nun ein Luxusproblem, würde ich sagen. Ich erachte es als Gewinn für alle Einwohnerinnen und Einwohner, dass sich für dieses Amt bislang drei Persönlichkeiten bewerben, die für Schellenberg ohne Zweifel Gutes im Sinn haben. Übrigens gab es das zuletzt im Jahr 1995, dass die Schellenberger Stimmbürger mehr als einen Vorsteherkandidaten zur Auswahl hatten.
Diese Aussage zeugt von grossem Respekt gegenüber deinen Mitbewerbern.
Ja, klar! Wir kennen uns schon lange. Ich war insgesamt 16 Jahre Mitglied im Gemeinderat, davon war ich 8 Jahre lang mit Robert und 4 Jahre lang mit Patrick gemeinsam darin vertreten. Zudem ist Patrick nun ein Landtagskollege von mir. Ich schätze die beiden sehr und freue mich auf einen konstruktiven und fairen Wahlkampf für unsere Heimatgemeinde.
Wenn die Kandidaten so gut sind, warum braucht es dann deine Kandidatur auch noch?
Ich bin mit Schellenberg und seinen Einwohnerinnen und Einwohner eng verbunden. Hier bin ich aufgewachsen, habe zusammen mit meiner Frau unsere Familie gegründet, gemeinsam haben wir unsere drei Töchter grossgezogen. Seit vielen Jahren engagiere ich mich in gesellschaftlichen und politischen Belangen für Schellenberg und ich denke zu wissen, was notwendig ist, um unsere Gemeinde zukunftsfähig zu machen. Mit meiner Kandidatur möchte ich den Schellenbergerinnen und Schellenbergern meine Ansätze vorstellen und mich als Alternative zur Verfügung stellen.
Du bist von allen Kandidaten der älteste. Ist das ein Nachteil?
Nein, ich sehe es eher so, dass ich all meine gemachten Erfahrungen aus dem geschäftlichen, politischen und gesellschaftlichen Umfeld sehr gut für das Amt des Gemeindevorstehers nutzen kann. Mit 55 Jahren gehört man nicht zum alten Eisen, sondern befindet sich meiner Meinung nach im richtigen Alter, um noch einmal richtig anzupacken.
Wo drückt denn der Schuh in Schellenberg?
Schellenberg ist eine lebenswerte Wohngemeinde, umrahmt von einer wunderschönen Naturvielfalt. Das soll auch so erhalten bleiben. Es ist ja nicht so, dass die Gemeinde aktuell schlecht dastehen würde. Es ist aber an der zuletzt regen Bautätigkeit zu erkennen: Die Gemeinde erfreut sich an zunehmender Beliebtheit – gerade bei jungen Familien. Dieser Entwicklung muss frühzeitig Rechnung getragen werden, damit wir fit für die Zukunft sind. Die Liste der Herausforderungen ist lang. Übergeordnet braucht Schellenberg eine langfristig ausgelegte Strategie, eine Vision, wie wir unsere Gemeinde in den verschiedenen Bereichen in den nächsten Jahrzehnten hin entwickeln wollen. Sonst wären wir im Blindflug unterwegs.
Und du hast diese Vision?
Natürlich hat jeder seine Vorstellungen und Ideen. Diese würden aber wohl diesen Rahmen sprengen. Was mir besonders wichtig ist: Wir müssen unsere Einwohnerinnen und Einwohner von Beginn an in solche Überlegungen von grosser Tragweite miteinbeziehen. Visionen und die daraus abzuleitenden Massnahmen müssen in enger Abstimmung mit der Einwohnerschaft entwickelt werden. Damit schaffen wir Transparenz und ein Verständnis in der Bevölkerung.
Wurde dafür nicht bereits eine Arbeitsgruppe gegründet?
Ja, damit wurde seit einiger Zeit gestartet, es wurde eine Projektgruppe dafür eingesetzt. Ich nehme an, dass in absehbarer Zeit dem Gemeinderat ein Bericht der Arbeitsgruppe vorgestellt wird. Der Gemeinderat wird dann dazu Stellung nehmen und das weitere Vorgehen definieren. Hier wäre es für mich zentral, dass die Bevölkerung ab diesem Zeitpunkt aktiv in die Detailausarbeitung der Vision für Schellenberg eingebunden wird. Dadurch haben wir dann die Gelegenheit, gemeinsam mit den Einwohnerinnen und Einwohnern zukunftsweisende Strategien, Konzepte und – daraus abgeleitet – Handlungsfelder zu erarbeiten.
Was sind deiner Meinung nach die drängenden Themen?
Kurzfristig würde ich sagen, sind es Themen rund um die Nachhaltigkeit. Im Zuge der Energiewende muss die Gemeinde eine Vorbildfunktion innehaben, deshalb müssen wir uns bei den Gemeindebauten schnellstmöglich von der Abhängigkeit von fossilen Energieträgern lösen. Weitere Möglichkeiten für den Einsatz von Photovoltaikanlagen bei Gemeindebauten müssen wir prüfen.
Wir müssen Projekte zur Förderung der Biodiversität planen und umsetzen. Längerfristig werden uns vor allem Infrastrukturen beschäftigen, die bereits heute an ihre Grenzen stossen, diese müssen wir auf künftige Bedürfnisse hin entwickeln. Beispielsweise ist hier das Schulgebäude zu nennen, das für altersdurchmischtes Lernen meines Erachtens nicht die idealen Voraussetzungen bietet. Auch die Räumlichkeiten für Feuerwehr und Zivilschutz stossen an ihre Grenzen. Beides sind längerfristige Weiterentwicklungsprojekte – wobei wir dabei immer die Gemeindefinanzen mitberücksichtigen müssen.
Welches sind die gesellschaftlichen Herausforderungen?
Viele jüngere Personen und Familien können sich in ihrer Heimatgemeinde kein eigenes Wohneigentum leisten. In Fragen rund um das bezahlbare Wohnen kann die Gemeinde sicher Unterstützung bieten, zumal sie sich in den vergangenen Jahren einiges an Baugrundstücken aneignen konnte. Damit die Gemeinde für junge Schellenbergerinnen und Schellenberger weiterhin attraktiv bleibt, müssen wir verschiedene Modelle des bezahlbaren Wohnens prüfen. Aufgrund der demografischen Entwicklung wird es für die ältere
Generation notwendig, Möglichkeiten zur Bereitstellung von Alterswohnungen im Bereich des Dorfzentrums zu schaffen. Dazu wurde bereits seit geraumer Zeit ein Vorprojekt zusammen mit den Gemeinden Ruggell und Gamprin-Bendern aufgegleist. Dies müssen wir weiterführen und auf aktuelle Bedürfnisse anpassen.
In entlegenen Gemeinden ist oft die Wirtschaft nicht gross ausgeprägt. Gibt es auch hier Handlungsbedarf?
Es ergibt keinen Sinn, in Schellenberg Industrie oder grosse Dienstleister anzusiedeln. Die Schaffung einer Gewerbezone, wo Handwerker und andere Unternehmer ihren Platz fänden, ist für mich aber prüfenswert. Davon sind zwar keine hohen Steuereinnahmen zu erwarten, es geht viel mehr darum, Bedürfnisse von Gewerbetreibenden und solchen die eine Firmengründung anstreben, gerecht zu werden. Leider mussten renommierte Gewerbebetriebe aus Schellenberg wegziehen, weil sie hier keine Perspektive erhielten.
Das klingt nach grossen Zielen. Welche Politik führt in deinen Augen dazu, dass man diese auch erreicht?
Ein Vorsteher braucht vor allem ein offenes Ohr für die Anliegen und muss für alle da sein. Da spielen weder Parteizugehörigkeit noch persönliche Befindlichkeiten eine Rolle. Man muss bereit sein, sich den Anliegen der Menschen anzunehmen. Zukunftsentwicklungen muss man offen annehmen und nach vertretbaren Lösungen für die Herausforderungen suchen, die sie bringen. Dann schaffen wir in der Gemeinde nahezu alles, was wir uns vornehmen!
Interview: Michael Winkler