Das tote Pferd und seine unbelehrbaren drei Musketiere
In der Samstagsausgabe des Volksblatts wurde von drei Abgeordneten ein Teil aus meinem klar.Seiten-Beitrag «Der Minister zaudert, die Patienten und Prämienzahler bezahlen» (www.vu-online.li) zitiert, und die Unterstellung geäussert, dass ich von der Zukunftssicherung der AHV nichts wissen wolle. Was ein absoluter und unhaltbarer Blödsinn ist. Das übergeordnete Ziel: Ein abgesicherte AHV ist bei allen Landtagsabgeordneten unbestritten. Dagegen wirken die Demografie und Negativzinsen - nicht die Abgeordneten. Die Lösungswege variieren hingegen von unterschiedlichen Streckenprofilen bis zum Irrweg der drei verbleibenden Abgeordneten (Alexander Batliner, Johannes Kaiser, Wendelin Lampert). Ihr dreiteiliger ursprüngliche Lösungsvorschlag sah nämlich folgendermassen aus:
1.) Kürzung der Finanzzuweisungen des Landes an die finanzstarken Gemeinden (neu 100 Millionen Franken Sonderertrag in fünf jährliche Tranchen zu 20 Millionen Franken).
2.) Senkung der Krankenkassenprämien durch Erhöhung des Staatsbeitrages an die Obligatorische
Krankenpflegeversicherung (OKP).
3.) Erhöhung der Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeiträge an die AHV.
Der Rest der FBP-Fraktion ist mittlerweile von diesem toten Pferd abgestiegen, nachdem dieses Thema bei der Diskussion «Versicherungstechnisches Gutachten der AHV» im März bis auf die FBP bereits beerdigt wurde. Auch spricht die Haltung des Regierungschefs zu diesem Punkt Bände. Auf die Frage im Landtag bezüglich OKP-Staatsbeitrag, was er von diesem Lösungsweg halte, antwortete er: «Rein gar nichts.» Trotzdem sind genannten Musketiere nicht belehrbar und versuchen es mit einer stärkeren Peitsche.
Die absolute Frechheit ist der faktenbefreite und frei erfundene Aufhänger, dass ich an der letzten Landtagssitzung auf diesen Punkt schon gar nicht eintreten wollte und zu allem Nein sage. In Tat und Wahrheit war ich gar nicht anwesend. Diese Zeilen sind wohl der märchenhaften Fantasie der Schreiberlinge entsprungen. Es scheint fast so, als dass ihnen die Jagd im eigenen Revier untersagt wurde, und ich als würdige Beute auserkoren worden bin, was mich geradezu ehrt.
Wie schon in der «Liewo» erläutert, lohnt sich ein Blick hinter die blendende schwarze Schönwetterfassade. Diesen haben viele andere Landtagskollegen bereits sehr ausführlich und eloquent in der Landtagssitzung im März dieses Jahres unternommen. Die von ihnen ausgeführten kombinierten Lösungsalternativen sehe ich als nachhaltige Möglichkeiten. Die Prüfung einer möglichen freiwilligen Teilzeit-Beschäftigten-Pension - abhängig von der Berufstätigkeit analog des Landtagsabgeordneten Georg Kaufmann - begrüsse ich persönlich ebenfalls. Eine Lösung ohne Erhöhung des Staatbeitrags sah ich allerdings schon damals nicht.
Ich habe mich im Juni 2019, zum dritten Mal für eine massvolle Giesskanne von 4 Mio. zusätzlichen Franken zum OKP-Staatsbeitrag eingesetzt. Bis auf einen Abgeordneten wurde die moderate Erhöhung des OKP-Beitrags von der FBP-Fraktion mit Aversion torpediert. Folgende Rückmeldung habe ich mir von der FBP-Fraktion anhören müssen:
«Eine Erhöhung des OKP-Beitrages führt aber dazu, dass spätestens im nächsten Jahr dieser Level der Subvention als Standard gesehen wird und darum auch erwartet wird, dass dies die neue Ausgangslage sein sollte.» Ein anderer sagte: «Dagegen bin ich offen für eine gut überlegte - gut überlegte - Verbesserung im Bereich der Prämienverbilligung. Nämlich dort, wo das Geld auch ankommt und gespürt wird - bei denen, die es auch nötig haben.» Eine weitere Rückmeldung war: «Ich bin dafür, jetzt, wo der Staatshaushalt saniert ist, ein paar Millionen der Bevölkerung zurückzugeben. Dies soll aber eine solidarische Umverteilung sein, welche die Schere Arm und Reich ein klein wenig schliesst oder zumindest versucht, eine weitere Öffnung zu hemmen.»
Nun soll eine fünffache Erhöhung dessen vorgenommen werden, um sich damit ausschliesslich die erhöhten AHV-Beitragsätze der Liechtensteiner Prämienzahler und Arbeitgeber zu erkaufen. Dabei sollten wir mit Blick auf die Zukunft denken: Welche Signalwirkung wird dieses Vorgehen bei unseren tangierten Grenzgängern implizieren?
Der Finanzausgleich verkommt in dieser Anwendung zum reinen Schröpfen der reichen zwei Gemeinden. Mit dem richtigen Regelwerk und durch eine gezielte Aufgabenentflechtung würde eine gesunde, moderne Verbindung aus Engagement für Lebensqualität, Raumplanung und Stärkung des Unternehmertums der Gemeinden mit Achtsamkeit auf künftige Generationen hingegen gefördert.
Der Antrag der Regierung, eine Gesetzesvorlage zur Umsetzung der Variante «Steuerkraftreduktion Mindestfinanzbedarf» zur Reduktion der Steuerkraftunterschiede der Gemeinden zwischen den Gemeinden auszuarbeiten, wurde im November 2018 vom Landtag mehrheitlich abgelehnt, weil es im Grunde genommen eine Excel-Übung des Finanzministers war und nicht, weil die Abgeordneten hier nichts tun wollen, wie es der Abgeordnete Wendelin Lampert wiederholt versucht zu suggerieren. «Der Finanzminister muss beim Finanzausgleichsgesetz wohl nochmals über die Bücher», konnte man in den Medien lesen, nachdem in einer gemeinsamen Stellungnahme der Vorsteher, des Bürgermeisters und der Vorsteherin die Vorlage auch geschlossen ablehnten.
Jede Entscheidung für EINE Sache ist eine gegen ihre VIELEN Alternativen. Dass wir unsere Entscheidungen häufig nicht aufgrund kühl kalkulierter Erwägungen treffen, sondern in alle möglichen selbst gemachten oder auch von aussen gestellten Fallen tappen, sieht man am Vorschlag der FBP. Sie hat sich voreilig und ohne Not schon frühzeitig gegen Alternativen entschieden, um sich kurzfristig selbst ins gute Licht zu rücken. Nun ist sie aber nicht mehr im Rampenlicht, weil ihr das klatschende Publikum durch ihr dreiteiliges Massnahmenpaket abhandengekommen ist und sie nun mit dem Rücken zur Wand steht. Aus dieser misslichen Lage führen nur ein Perpetuum-Mobile oder ein Sonderertrag heraus.
Demokratie hat den Nachteil, dass es um Mehrheiten geht. Das ist für Minderheiten eine harte Sache. Insbesondere dann, wenn der eigenen Sache von anderen erkennbar nur Desinteresse entgegenschlägt.
Deshalb wiederhole ich die uralte Weisheit der Dakota-Indianer, welche besagt: «Wenn Du entdeckst, dass Du ein totes Pferd reitest, steig ab.»
Mario Wohlwend, Landtagsabgeordneter der VU