Das Doppelmandat im Faktencheck
Mit Frank Konrad, Günter Vogt, Rainer Beck (VU), Thomas Rehak (DPL) und Johannes Hasler (FBP) kandidieren vier Landtagsabgeordnete und ein Stellvertreter für ein Vorsteheramt.
Was passiert nun, sollte einer oder mehr oder gar alle fünf Herren zum Vorsteher bzw. Bürgermeister gewählt werden?
Wenn die Menschen den Abgeordneten das Vertrauen schenken, werden sie einen neuen Job bekommen. Sie werden sich von da an in einem Vollzeitamt für ihre jeweilige Gemeinde und deren Einwohner einsetzen. Die Landtagsarbeit wird nach wie vor bis zum Ende der Legislatur gewissenhaft weitergeführt. Günter Vogt und Frank Konrad haben bereits angekündigt, dass sie ihre Unternehmen bzw. -Anteile verkaufen werden. Sollte Günter Vogt zum Vorsteher gewählt werden, wird er das Amt des VU-Fraktionssprechers abgeben. Diese Konsequenzen haben die beiden Kandidaten bereits vor längerer Zeit und wiederholt erklärt. Womöglich hat Harry Quaderer das schlicht überlesen oder nicht gehört. Thomas Rehak und Johannes Hasler werden ebenfalls Strategien entwickelt haben, wie sie ihren allfälligen neuen Job und ihre Landtagsmandat unter einen Hut bringen können. Das ist für Landtagsabgeordnete im Milizsystem eine Herausforderung, egal welcher Partei sie angehören oder welchen Hauptberuf sie ausüben.
Lassen sich diese zwei öffentlichen Ämter, Vorsteher und Landtagsabgeordneter vereinen?
Ja, es gab in der Geschichte des Landes immer wieder Personen aus verschiedenen Parteien, die sich zeitgleich sowohl für Liechtenstein als auch für ihre Gemeinde einsetzten. Zum Beispiel Basil Vogt von der Volkspartei, der von 1927 bis 1936 Balzner Vorsteher war und sich von 1928 bis 1930 und 1932 bis 1939 im Landtag engagierte. David Strub von der Fortschrittlichen Bürgerpartei war von 1942 bis 1966 Bürgermeister. Zwischen 1945 und 1957 im Landtag – teilweise sogar als Landtagspräsident und –vizepräsident. Aktuellere Beispiele sind Johannes Kaiser, Hubert Sele und Christoph Beck. Ein Doppelmandat ist nicht nur vereinbar, sondern kann auch in vielen Fällen einen Mehrwert bringen.
Schlagen da nicht automatisch zwei Herzen in einer Brust?
Nein. Wer sich für sein Land und dessen Einwohner einsetzt, setzt sich automatisch auch für das Wohl von Einwohnern von Gemeinden ein. Geht es den Gemeinden gut, geht es auch dem Land besser.
Welches Hemd ist solchen Doppelmandataren am nächsten?
Warum werden Land und Gemeinden in letzter Zeit immer öfter gegeneinander ausgespielt? Könnte es nicht auch Synergieeffekte bringen, wenn Land und Gemeinden zusammenspannen? Ist der Hauptzweck von Land und Gemeinden nicht derselbe? Sollten nicht beide Institutionen um das Wohl der Einwohner besorgt sein?
Wie verhält sich ein gewählter Vorsteher und Landtagsabgeordneter bei einer Änderung des Finanzausgleichs? Zugunsten des Landes oder zugunsten seiner Gemeinde? Oder treten alle in den Ausstand?
Wie auch bei anderen Sachgeschäften findet hier ein kritisches Abwägen statt, ob man für oder gegen etwas stimmt. Harry Quaderer hat sich auch zugunsten der Treuhänderschaft eingesetzt, als er am 8. November 2013 für die Reduktion der Grundabgabe für Personen gemäss Art. 180a stimmte. Er ist nicht nur nicht in den Ausstand getreten, sondern hat gar einen Antrag eingebracht und diesen unterstützt. Er profitierte selbst in seinem Beruf davon, was das Land bisher schon über eine halbe Million Franken kostete. Er hat sich also hier bewusst gegen das Land eingesetzt. Der Antrag fand eine Mehrheit. Alles völlig legitim. Jeder Abgeordnete kann immer nach bestem Wissen und Gewissen frei entscheiden.
Wird ein Vorsteher in so einer Doppelfunktion seiner Aufgabe und der Würde seines Vorsteheramtes gerecht, wenn er de facto zwei Monate für das Land arbeitet?
Im Milizparlament ist ein Landtagsabgeordneter immer nebenamtlich tätig. Auch bei in der Privatwirtschaft tätigen Abgeordneten muss die Hauptarbeit trotz Landtagsmandat erledigt werden. Viele Führungskräfte in der Privatwirtschaft sind sich zudem gewöhnt, 10 bis 12 Stunden am Tag zu arbeiten, weshalb die Schätzung mit den zwei Monaten sehr hoch gegriffen sein dürfte.
Und ist es nicht ein bisschen sonderbar, dass ein Gemeindeangestellter (...) sich nicht als Gemeinderat bzw. -rätin aufstellen lassen darf, ein Landtagsabgeordneter aber auch noch Vorsteher sein darf?
Der Vorsteher ist nicht beim Land angestellt. Die Gemeindebediensteten aber bei der Gemeinde. Deshalb ist es nicht zwingend, dass man sein Landtagsmandat niederlegen muss. Wäre das so sonderbar, hätte es der Gesetzgeber wohl anders geregelt. Jeder Kandidat, der sich in ein öffentliches Amt wählen lässt, muss zu seiner Bestellung ein aufwändiges Bewerbungsverfahren absolvieren. So können die Wähler sich ein umfangreiches Urteil darüber bilden, welcher Kandidat der beste ist und ob Doppelmandate zulässig sind. In dieser Zeit müssen die Kandidaten auch allerhand Anfeindungen, penetrante Kommentare und sogar gestreute Unwahrheiten von politischen Gegnern ertragen. Es wäre an dieser Stelle deshalb wohl eher angezeigt, sich bei ihnen für ihre Engagement zu bedanken als sie öffentlich persönlich schlecht zu machen. (mw)