Coronakrise: «Aufarbeitung zwingend notwendig»
Die Forschungsbeauftragte Patricia Schiess Rütimann vom Liechtenstein-Institut hat in einer Publikation unter dem Titel „Der Zollvertrag und die Massnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus“ das Vorgehen unserer Regierung näher betrachtet, das sich auf das Schweizerische Epidemiengesetz stützt, welches aufgrund des Zollvertrags auch in Liechtenstein in etlichen Teilen Anwendung findet.
Professor Schiess Rütimann stellt fest, dass die Regierung die unserem Land auferlegten Verpflichtungen erfüllt. An anderer Stelle mahnt sie aber auch, dass Eingriffe in die Grundrechte verhältnismässig sein müssen und nicht länger als zwingend notwendig andauern dürfen.
Gemäss der Forschungsbeauftragten vom Benderer Kirchhügel war es richtig, zunächst die Kompetenzen bei der Regierung zu bündeln, um ein rasches Handeln sicherzustellen, es beim Ausstieg aus dem Krisenmodus nun aber darum gehe, so rasch als möglich wieder zum ordentlichen Gesetzgebungsprozess zurückzufinden und möglichst viele Personen und Institutionen in die Entscheidungen einzubeziehen.
Die Zeichen stehen nach offenkundiger Wirksamkeit der gegen die Ausweitung der Pandemie erlassenen Massnahmen nun auf weitere Lockerungen. Bei verbleibenden Massnahmen im Spagat zwischen allen Ansprüchen, zwischen Freiheit und zumindest vermeintlicher Sicherheit ist jeweils das gelindeste Mittel anzuwenden und es ist jeder Anschein von Willkürlichkeit zu vermeiden.
Das Zwischenfazit für das bisherige Krisenmanagement der Regierung aus Sicht der Rechtswissenschafterin werte ich als positiv. Es darf jedoch nicht bei diesem Zwischenfazit bleiben. Nach Bewältigung der Krise, bei Rückkehr zur früheren Normalität unter vollständiger Wiederherstellung aller verfassungsgeschützten Grund- und Persönlichkeitsrechte, rechtsstaatlicher und demokratiepolitischer Prinzipien und Abläufe ist die gesamte Krisenbewältigung aufzuarbeiten.
Ziel der Aufarbeitung - aus allen Blickwinkeln - wie die Regierungsmitglieder Risch und Pedrazzini auf mein Vorbringen im Landtag am Mittwoch hin richtig anmerkten, muss es sein, aus der Bewältigung der Corona-Pandemie zu lernen und die richtigen wirtschafts-, finanz-, bildungs-, gesundheits-, sozial- und gesellschaftspolitischen Schlüsse zu ziehen. Insbesondere sollte die Aufarbeitung aber auch dazu führen, dass der verfassungsgeschützte Rechtsstaat und die ebenso verfassungsgeschützten Rechte seiner Bewohner bestenfalls gestärkt, aber unter keinen Umständen geschwächt aus der grössten Krise hervorgehen, die unser Land seit dem Zweiten Weltkrieg ereilt hat.
Mit einer solchen Aufarbeitung könnte ein interdisziplinäres Expertengremium unter Führung des Liechtenstein Instituts beauftragt werden. Die Aufarbeitung der Krisenbewältigung ist auch dem Vertrauen der Bevölkerung in die Politik geschuldet.