«Brauchen verlässliche Zahlen»
«Relativ arm ist nicht nur der, der von Ergänzungsleistungen und Wirtschaftlicher Sozialhilfe lebt. Vielfach haben es jene schwieriger, die eben knapp nicht anspruchsberechtigt sind», erklärte Günter Vogt anlässlich der Landtagsdebatte über die VU-Interpellation zur finanziellen Situation im Rentenalter. Um zielgerichtet Politik machen zu können, müsse man wissen, wie sich die Situation effektiv präsentiert. «Wer ist stärker von sozialer Benachteiligung und Einkommensschwäche betroffen? Einheimische oder Zugezogene? Grosse Familien oder allein erziehende Frauen und Männer? Rentner und Rentnerinnen? Oder wie sieht ein konkretes Schicksal einer Migrantin aus, das sich auch hinter den Zahlen verbirgt? Diesen und mit diesen Fragen zusammenhängend ging der Zweite Armutsbericht im Jahr 2007 nach», erklärte Vogt, der einen dritten Armutsbericht forderte. Die Aussage, es habe sich nichts wesentliches verändert, zeige für Vogt leider eine gewisse Geringschätzung den Menschen des Mittelstands gegenüber.
Vergleichbarkeit schaffen
«Die Regierung tut seit 2013 gerne so, als wäre alles in Butter und es ginge in diesem Land eh allen gut. Dabei negiert sie sämtliche Auswirkungen der Massnahmenpakete I–III auf die sozialen Begebenheiten in diesem Land», so Vogt. Gerne werde auch auf Nachbarländer verwiesen, in denen es den Menschen des unteren Mittelstandes noch schlechter gehe. «Mir kommt es manchmal vor, dass die Probleme solcher Menschen egal sind oder nicht interessieren. Ist das die gewünschte Politik?» Günter Vogt erklärte dabei, dass es Vergleichbarkeit brauche, um Politik bewerten zu können. Ansonsten fische man im Trüben: «Wenn diese Zahlen dann objektiv belegen, dass es allen im Land blendend geht – dann lasse ich mich davon überzeugen. Solange ich aber keine verlässlichen und vergleichbaren Zahlen habe, bleibe ich skeptisch», so der VU-Fraktionssprecher. In einer Replik erklärte Mauro Pedrazzini, dass die Statistiken heute in sehr viel besserer Qualität vorlägen als noch vor zehn Jahren. «Wir hatten vor zehn Jahren niemals dermassen umfangreiche und regelmässig upgedatete Statistiken. Wir werden diesen Armutsbericht noch einmal anschauen und schauen, wo wir denn tatsächlich einen Mehrwert erzeugen können», so der Minister.
Übersicht schaffen
Dass die Zahlen vorliegen, dass weiss man auch bei den Steuerdaten rund um Bodenkäufe. Dennoch sind diese nicht zugänglich. Der wesentliche Mehrwert des «Armutsberichts» besteht darin, dass damit Langzeitvergleiche möglich werden. Das Ziel von Langzeitstudien ist es, bestimmte Daten über einen festgelegten längerfristigen Zeitraum zu erhalten und vergleichbar zu machen. Damit kann man gesellschaftliche Entwicklungen feststellen und eruieren, welche Stellschrauben sich wie auf die Gesellschaft auswirken. So zum Beispiel kann man hier die Wirkung von Sozialleistungen auf das System messen. Um in Liechtenstein Einkommensschwäche bzw. soziale Probleme zu erkennen und gegen diese Phänomene mit gezielter Sozialpolitik vorgehen zu können, braucht man seriöse Fakten rund um die Haushaltsbudgets in Liechtenstein. Eine Annäherung dazu liefert der «Armutsbericht». Ansonsten tappt man im Dunkeln. (mw)