«Berater-Affäre»: Zu viel ist noch unklar
Es ist nicht das erste Mal, dass Aurelia Frick und ihr Umgang mit den staatlichen Mitteln in der Diskussion sind. Doch so heiss wie jetzt, war es bisher nie. Die GPK hat Unregelmässigkeiten festgestellt und will diese nun in einem Sonderlandtag besprochen haben. Schon zuvor wurden Solidaritätsbekundungen am Frauenstreiktag und mittels Inseraten mit Kosten im fünfstelligen Bereich für Aurelia Frick abgehalten: Die Stimmung ist aufgeheizt.
Während die einen der Ministerin Verfehlungen ankreiden, sehen andere eine politische Verschwörung gegen Frick. Das Problem: Sich eine Meinung ohne Emotionen zu bilden, ist nicht möglich. Nicht zuletzt auch, weil entscheidende Dokumente als vertraulich klassifiziert sind. Die Abgeordneten dürfen also gar nicht wissen, welche Dokumente die GPK beanstandet und was sie der Ministerin zur Last legt. Diese Erkenntnisse könnte nur der Landtag zutage fördern: Zunächst müsste dafür der nichtöffentliche Landtag die Vertraulichkeit der Dokumente aufheben. Erst dann kann der Landtag darüber befinden. Die VU befürwortet jede Aufklärung in dieser Sache. Denn in öffentlichen Ämtern hat man eine Vorbildfunktion. Deshalb sind Aurelia Frick und die FBP nun in der Pflicht, Transparenz an den Tag zu legen – und nicht weitere Widersprüche zu produzieren.
Widersprüche noch und nöcher
Mit Radiointerviews und Pressekonferenzen versucht sich Aurelia Frick als Unschuldige zu präsentieren und sich als weibliches Opfer männlicher Intrigen zu geben. Bei niemandem werde so tief geschürft wie bei ihr. In der eigenen Partei sind die «Kritiker», wie Frick sie nennt, bereits so weit, dass sie sie weg haben wollen. Vielleicht sieht das Ganze, wenn man alle Fakten kennt, dann doch anders aus. Bis dahin muss man auf die Tatsache Vertrauen, dass die Geschäftsprüfungskommission, die ausser Johannes Kaiser alle Kräfte des Landtags repräsentiert, nicht einfach mir nichts dir nichts eine Hetzjagd auf eine Person veranstaltet. Wer solche Vorgänge für möglich hält, hegt ernsthafte Zweifel an unserem politischen System und auch am Rechtsstaat.
Und im Rechtsstaat gilt grundsätzlich die Unschuldsvermutung. Ein Mensch ist so lange unschuldig, bis er eines Fehlverhaltens überführt ist. Das gilt selbstverständlich auch für Aurelia Frick, die immer wieder betont, dass sie für volle Transparenz stehe. «Die Regierungsrätin erklärte an der heutigen Pressekonferenz, dass nur Vor- und Nachnamen geschwärzt wurden. Diese Aussage entspricht nicht der Wahrheit. Die GPK will hierzu zeitnah Transparenz schaffen, allerdings ist dies derzeit aufgrund der vertraulich zugestellten Informationen nicht möglich», schrieb die GPK in jener Medienmitteilung, in der sie auch den Antrag für den Sonderlandtag bekannt gab. «Laut ihren Aussagen zum Inhalt der geschwärzten Stellen wurde festgestellt, dass diese Ausgaben zum Teil nicht in den Zuständigkeitsbereich ihres Ministeriums Äusseres, Justiz und Kultur fallen.» Das sind massive Vorwürfe in Richtung der Regierungsrätin.
Macht Vertraulichkeit noch Sinn?
Ebenfalls am Montag brachte Landtagsvizepräsidentin Gunilla Marxer-Kranz (VU) in einem Standpunkt im «Vaterland» den §229 des Strafgesetzbuchs «Urkundenunterdrückung» ins Spiel. An der Pressekonferenz erklärte Aurelia Frick, sie habe nun nach der Lektüre der Zeitung die Staatsanwaltschaft eingesetzt. Diese soll die Sachverhalte unabhängig prüfen. Hier wäre in der Tat überraschend, wenn es zu einer Anzeige gegen sie oder ihren Generalsekretär René Schierscher kommen würde, der fragliche Dokumente vernichtet hatte.
An ihrer Pressekonferenz betonte Frick, dass es sich bei den Rechnungen von Maria Pinardi und den Kontaktkomponisten nicht einfach um Medientrainings, sondern um «fachlich-materielle Aufbereitung» handelt, zum Beispiel in Finanzplatzangelegenheiten. Wie passen diese Aussagen mit der Tatsache zusammen, dass diese Kommunikationsbüros fachlich keine Experten auf diesen Gebieten sind? Wie lässt sich eine inhaltliche/fachliche Beratung mit Rechnungsposten «politische Beratung» und «Facebook-Betreuung» von Kommunikationsfirmen zusammen? Die bisherigen Aussagen führten anstatt zu mehr Klarheit zu immer mehr neuen Fragen. Transparenz herstellen geht definitiv anders.
Aurelia Frick und auch die FBP sind nun aufgefordert, komplette Transparenz an den Tag zu legen. Denn das Ausmass der Berichterstattung und deren Wirkung im In- und Ausland lassen Zweifel aufkommen, ob der Persönlichkeitsschutz der geschwärzten «Mitarbeiter» schwerer wiegt als das öffentliche Interesse. Denn unter einem solchen Skandal leidet das Land und sein Ruf ungemein. Was kann denn in einem Konto «Experten, Gutachten, Öffentlichkeitsarbeit» so geheim sein, dass es die GPK nicht erfahren darf? Nach der Reisespesen-Geschichte ist es nun schon die zweite Verwerfung zwischen Frick und der Legislative innert eines Jahres.
Und wo war der Chef?
Dieses Versteckspiel haben wir auch nicht zuletzt auch dem Regierungschef zu verdanken. Im Radio-Interview am Mittwoch sagte er zwar zurecht, dass er hier keine Weisungsbefugnis habe. Man hätte trotzdem – wie auch Berit Pitschmann von Radio L anmerkte – auch vorher einmal ein Statement des Regierungschefs erwartet, um «Druck vom Kessel zu nehmen». Fehlanzeige! Ein Statement kam erst, als das Kind bereits in den Brunnen gefallen war. Er forderte mit wenig staatsmännischer Wortwahl Transparenz. Frick müsse «die Hosen herunter lassen» und sich entschuldigen. Davor hatte er zugeschaut, wie sich die Situation auflädt. Abgesehen von der Ministerin, welche offenbar diese Institution der Volksvertretung nicht genügend ernst genommen hat, hat sich auch der Regierungschef Schuld aufgeladen: Denn statt dieses Land und die Regierung zu führen, hat er es zugelassen, dass die Situation eskaliert.
Stattdessen sagte Adrian Hasler: «Nicht mein Thema, nicht meine Zuständigkeit» – Sätze, bei denen jeder Unternehmensberater die Kassen klingeln hört. Sie sind nämlich eindeutige Indizien dafür, dass im Betrieb etwas nicht stimmt. Aurelia Frick verneinte an ihrer Medienkonferenz am Montag übrigens auch die Frage danach, ob sich der Regierungschef bei ihr gemeldet habe. Es ist auch nicht davon auszugehen, dass sie sich bei ihm gemeldet hat. So ist es also um das regierungsinterne Vertrauen bestellt. Wie gross das Vertrauen des Landtags in die Ministerin noch ist, werden wir am 2. Juli sehen.