Aussenministerin Hasler: «Unsere Idee hat einen Nerv getroffen»
Frau Hasler, es überrascht, dass sich der Kleinstaat Liechtenstein mit dem Vetorecht des UN-Sicherheitsrats befasst. Woher kommt das?
Dominique Hasler: Das Thema ist für Kleinstaaten besonders wichtig. Wir waren bisher nie Mitglied im Sicherheitsrat, dessen Entscheidungen sind aber für uns alle bedeutsam. Bei einem Veto haben wir nunmehr in der Generalversammlung die Möglichkeit, unsere Stimme zu erheben.
Welche Bedeutung hat die Resolution für das künftige Funktionieren der UN?
Die Initiative führt sicherlich zu einer Stärkung der Generalversammlung, was auch für das Verhältnis Generalversammlung–Sicherheitsrat wichtig ist. Das Veto ist nicht mehr das letzte Wort, die UNO kann trotzdem handlungsfähig sein
Wie erklären Sie sich die breite Unterstützung für die Veto-Initiative?
Unsere Idee hat einen Nerv getroffen. Der Sicherheitsrat ist seit Jahren teilweise handlungsunfähig, was von vielen Mitgliedsstaaten zunehmend kritisch beurteilt wurde. Selbstredend hat auch die aktuelle Lage in der Ukraine einen nicht ganz unwesentlichen Einfluss.
Allerdings ist der Vorstoss unverbindlich. Den grossen fünf steht es weiter frei, eine Erklärung vor der UN-Versammlung abzulehnen.
Es muss niemand der Aufforderung nachkommen, in der Generalversammlung zu sprechen. Man kann aber nicht den Willen der Staatengemeinschaft zur Führung einer Diskussion ignorieren und gleichzeitig einen internationalen Führungsanspruch erheben – das wird dann die politische Abwägung sein. Für uns ist aber auch etwas anderes wichtig.
Und das wäre?
Dass wir – und alle anderen Staaten – sprechen und Vorschläge machen können, was nun zu tun ist. Und was die politische Bedeutung der Initiative angeht, spricht ja die internationale Reaktion für sich.
Der russische Delegierte an der UN-Vollversammlung meinte hingegen, dass der Vorstoss einen Versuch darstelle, die fünf Vetomächte unter Druck zu setzen.
Tatsächlich sind wir der Meinung, dass das Veto nicht willkürlich und vor allem nicht in einer Weise eingesetzt werden darf, welche der UN-Charta widerspricht. Anders ausgedrückt: Man kann nicht ein «Recht» in Anspruch nehmen und gleichzeitig den Vertrag verletzen, der dieses Recht begründet.